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Alles gut!?
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Alles gut!?

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Ich weiß nicht mehr, wann sich diese Redensart in den Wortschatz eingeschlichen hat. Plötzlich ist „alles gut“.

Schmeckt es dir? – Alles gut.
Soll ich dir das Gepäck abnehmen? – Alles gut.
Was macht dein Rücken? – Alles gut.

Es ist eben nicht alles gut...

Warum macht sich diese Floskel eigentlich auch in meiner Kommunikation immer mehr breit? Dabei hat doch spätestens die Pandemie viele Menschen spüren lassen: Es ist eben nicht alles gut: Pflegekräfte sind dauerhaft überlastet, nicht nur alleinerziehende Eltern am Limit, und in Punkto Solidarität und gesellschaftlicher Zusammenhalt ist auch nicht „alles gut“.

Im Leben der meisten Menschen ist nicht immer „alles gut“ – in meinem auch nicht. Also warum benutze auch ich diese Floskel? – Vielleicht aus einer Mischung aus Höflichkeit, Desinteresse und mangelnder Tiefe. Ich möchte den Gastgeber nicht beleidigen, wenn ich zugebe, dass mir das Essen nicht schmeckt. Ich möchte niemandem lästig sein und trage deshalb mein Gepäck selbst. Und ich habe gelernt, dass die Frage nach meinem Befinden in den seltensten Fällen ernst gemeint ist. Also belasse ich es bei einem nichtsagendem „Alles gut!“. Das ist weder Ja noch Nein, und es beendet das Gespräch zu diesem Thema sofort.

Eine Nebenwirkung der Pandemie

Vielleicht ärgert es mich deshalb, wenn ich mich dabei ertappe, dass ich dieses „alles gut“ nutze. Denn eigentlich möchte ich authentisch sein. Ich möchte höflich, aber ehrlich sagen, dass mir Salz am Essen fehlt, und ich möchte sagen können, dass mein Rücken so weh tut, dass mir schon meine Handtasche zu schwer ist.

Ich wünsche mir mehr echte Kommunikation. Das ist vielleicht auch eine Nebenwirkung der Pandemie: Je weniger Begegnungen und Gespräche in der Realität habe, umso wertvoller sind sie für mich. Ich möchte nicht von anderen mit einer unverbindlichen Floskel abgespeist werden. Ok, nicht in jedem Fahrstuhl möchte ich auf eine kurze höfliche Frage einen detaillierten Gesundheitsbericht. Aber doch mehr als ein „alles gut“.

So stelle ich mir das Paradies vor

In der Bibel ist nur zu Beginn, kurz nach der Schöpfung „alles gut“: Da heißt es „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.“ (Genesis/ 1 Mose 1, 31) Schon kurze Zeit später ist nicht mehr alles gut. Und es wird es auch nicht mehr: Mord, Kriege, Vertreibung, Hunger und Leid durchziehen die Geschichten der Bibel und die Geschichte der Menschheit.

Aber als Christin vertraue ich darauf, dass am Ende alles gut wird. Ich glaube daran, dass sich die Verheißung erfüllt, dass Gott alle Tränen abwischt, alle Wunden heilt und allen Schaden wieder gut macht. So stelle ich mir das Paradies vor: Ich sitze entspannt an einem schönen Ort und kann aus vollem Herzen sagen: „Alles gut!“

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Post für dich

Post für dich

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Ich liebe ja Postkarten. Solche mit lustigen Bildern oder Sprüchen, aber auch Urlaubskarten. Meine Postkarte mit dem weitesten Weg kommt aus Australien – da haben Freunde Urlaub gemacht. Meine vielleicht liebste Karte ist die erste Postkarte von meinem heutigen Ehemann. Und mein ungewöhnlichster Aufbewahrungsort für eine Postkarte ist unser Kühlschrank. Dort hat meine Tochter eine Karte mit Winterlandschaft deponiert und erklärt: „Damit der Schnee nicht so schnell schmilzt!“

Diese Postkarten bringen mich immer wieder zum Lächeln – deshalb habe ich sie aufbewahrt. Heute am „Schreib-eine-Postkarte“-Tag möchte ich auch selbst mal wieder jemandem eine Postkarte schreiben. Einfach so und auf Papier!

In den letzten Jahren mach ich das immer seltener. Ich schreibe Whatsapp-Nachrichten und Mails, und beides hat auch seinen Reiz. Aber die Nachrichten sind kurzlebig. Ich schaue selten alte Nachrichten an – aber die schönsten Postkarten der letzten Jahre, die hängen an einer Tür in unserem Haus.

Oft gehe ich einfach an ihnen vorbei, aber manchmal bleibe ich stehen und schaue die Karten an. Sie erinnern mich immer mal wieder an die lieben Menschen, die sie mir geschickt haben und wecken hin und wieder auch das Fernweh - erst recht jetzt in Corona-Zeiten.

Ganz unabhängig vom Text auf der Rückseite bringen mir die Postkarten eine Botschaft: „Ich denk an dich!“ – Das freut mich. Und diese Freude möchte ich auch gerne anderen Menschen machen. Ich denke oft an jemanden. Aber ihm oder ihr das zu sagen oder zu zeigen, schaffe ich dann doch nicht: Es gibt so viel zu tun, ich habe gerade keine passende Karte zur Hand, Briefmarken sind auch nicht im Haus, und überhaupt fällt mir gerade kein kreativer Text ein.

Aber heute denke ich an einen Freund, von dem ich schon lange nichts gehört habe, und schicke ihm die nächstbeste Karte, die ich finde. Und falls mir dann nichts Kreativeres einfällt, schreibe ich einfach: „Heute ist der „Schick-jemandem-eine-Postkarte“-Tag. Da hatte ich Lust, genau dir eine Postkarte zu schreiben. Herzliche Grüße!“ - Ich denke mir, derjenige freut sich! Denn eigentlich wünschen sich fast alle Menschen, dass jemand an sie denkt.

Im Christentum gibt es auch die Tradition, an jemanden zu denken und zu erinnern. An jedem Tag ist nämlich ein Gedenktag für kleine und große Heilige. Manche sind bekannt, wie der Heilige Valentin nächste Woche, und manche sind nicht bekannt, wie der Heilige Lukas von Griechenland, dessen Gedenktag heute ist.

Meinen lieben Verstorbenen kann ich keine Postkarte schreiben. Aber ich denke hin und wieder an sie. Und ich bin überzeugt davon: Wir sind verbunden, auch über den Tod hinaus. Den Lebenden schreibe ich eine Postkarte. Das hält unsere Verbindung lebendig und bringt schöne Erinnerungen und manchmal einen lustigen Spruch.

 

 

 

 

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