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Kopfsache
Bild: unsplash / Mitchell Griest

Kopfsache

Andrea Wöllenstein
Ein Beitrag von Andrea Wöllenstein, Evangelische Pfarrerin, Marburg
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„Bei euch ist mir vieles zu verkopft“, sagt eine Freundin. Wir sprechen darüber, warum sie lieber ins Yogastudio geht als zum Gottesdienst. Ganz unrecht hat sie nicht. Vieles ist „Kopfsache“ in der Evangelischen Kirche und darauf sind wir sogar ein bisschen stolz.

Verstehen, was sie glauben

Alle sollen verstehen, was sie glauben. Selber lesen, begreifen, darüber reden können. Darum hat Martin Luther die Bibel ins Deutsche übersetzt. In den Kirchen wurden Bänke aufgestellt, damit man den langen Predigten aufmerksam zuhören konnte. Vom Körper waren vor allem wache Ohren gefragt - und gutes Sitzfleisch.

Glaube ist mehr als Kopfsache 

Aber Glaube ist viel mehr als nur Kopfsache. Im Alltag gewinnt er Hand und Fuß. Wo wir mit Leib und Seele bei der Sache sind. Mein Körper hat viele Möglichkeiten, zu spüren und auszudrücken, was mich berührt, was mich bewegt, was mich beflügelt. Nicht nur Worte. Nicht nur mit dem Verstand, auch über meinen Körper kann ich Glauben erfahren.

Andachten feiern mit Bewegung

Darum feiere ich gerne Andachten, in denen wir uns bewegen und miteinander in Bewegung kommen. Wo spüre ich die Klage? Was macht es mit meinem Körper, mit meinem Rücken, mit meinem Kopf, wenn ich niedergeschlagen bin und bedrückt?

Und was verändert sich, wenn ich den Zuspruch höre: „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir?“ Vielleicht richtet sich mein Kopf auf. Mein Rücken wird gerade, der Brustkorb weitet sich, ich kann freier atmen. Nach vorne schauen. Das sind Erfahrungen, die tief gehen und lange nachwirken. 

Apostel Paulus achtet auch den Körper sehr

Der Apostel Paulus fasst die Hochachtung vor unserem Körper zusammen, wenn er schreibt: „Wisst ihr nicht, dass euer Körper ein Tempel der Heiligen Geistkraft ist, die in euch wohnt und die ihr von Gott erhalten habt? … Darum lobt Gott mit eurem Körper“ 1. Kor. 6,19.

Wenn mein Körper ein Tempel ist, wenn Gottes lebendige Geistkraft in meinem Körper wohnt, dann werde ich gut auf ihn achten. So wie ich mein Haus putze, den Müll entsorge, die Fenster aufmache, lüfte. Dem Körper Gutes tun. Ihn wohnlich und bereit machen.

„Lobt Gott mit eurem Körper“

„Lobt Gott mit eurem Körper“. Wie geht das? Es beginnt vielleicht damit, dass ich mich spüre. Ich bin Körper. Wunderbar geschaffen. Ich schenke meinem Körper Beachtung. Höre auf seine Stimme. Mindestens einmal am Tag dieses Wunder genussvoll erkunden. Im Yogastudio, zu Hause oder in der Kirche.

Hände, die sich filigran bewegen, die kraftvoll zupacken und zärtlich streicheln können. Füße, die mich tragen. Laufen, gehen, tanzen, springen. Ein Becken voller Lebenskraft und Vitalität. Atem, der durch mich fließt und jede Zelle neu belebt. Geschenk Gottes, dessen heiliger Geist in uns wohnt. 
 

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