Laufen lernen
Seit einigen Wochen wird meine kleine einjährige Tochter immer mutiger und zieht sich an sämtlichen Gegenständen hoch. Ob an den Stäben ihres Gitterbettchens oder an den Stühlen im Esszimmer. Obwohl sie inzwischen einen relativ sicheren Stand hat, passiert es ihr fast täglich, dass sie sich überschätzt und prompt wieder auf ihrem Hinterteil landet. Manchmal lacht sie, ein andermal ist sie erschrocken und schaut zu mir hoch, um in meinem Gesicht zu erkennen, wie schlimm die Situation einzuschätzen ist. Kinder sehnen sich nach Menschen um sie herum, die ihnen als Spiegel dienen und durch ihre bloße Anwesenheit das Gefühl von Sicherheit geben. Wenn meine Tochter dann etwas entdeckt, was sie unbedingt erreichen möchte, streckt sie mir ihre Arme entgegen und gibt mir zu verstehen, dass ich ihr helfen soll, dort hinzukommen. Also reiche ich ihr meine Finger, damit diese für sie als Stütze dienen. Dass sie es sich noch nicht traut, frei und ohne meine Hilfe zu laufen, stört mich nicht. Zu gut verstehe ich ihren Wunsch nach Sicherheit. Selbst wenn sie stolpert und auch dann, wenn sie mal fällt, ist jemand da.
Gottes ausgestreckte Hand ist für uns da
Diese Sehnsucht ist eine, die ich gut nachempfinden kann. Mir geht es ähnlich, wenn ich über meinen Glauben an Gott und seine Präsenz in meinem Leben nachdenke. Der Gedanke, dass Gott es ist, der mir hochhilft und mir die Hand reicht, tut gut. In meinem Dienst als Trauerseelsorgerin sind mir Menschen in Situationen des Leids und der Hoffnungslosigkeit anvertraut. Die Botschaft Jesu Christi kann Trost und Kraft schenken. In Momenten des Abschieds, aber auch in Augenblicken der dankbaren Erinnerung, möchte ich da sein und Gottes Beistand zusprechen. Ich glaube sogar, oft ist der Verlust eines geliebten Menschen vergleichbar mit einem Sturz oder ein Fall. Ich wünsche Ihnen Momente, in denen Sie gewiss sein dürfen, dass Sie stets begleitet sind von dem, der uns nicht alleine lässt und hochhilft, wenn wir gefallen sind.