Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Lilly und das kleine Dennoch
Bild: pexels / Hoang Tien Viet

Lilly und das kleine Dennoch

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
Beitrag anhören:

Sie liebt Weihnachten. Und das hat einen Grund. Lilly ist Ende vierzig und eine gestandene Frau, wie man so sagt. Verheiratet, drei Kinder, halbtags an der Kasse im Supermarkt. Da können sie ‘was erleben mit Kunden, sagt sie, vor allem vor Weihnachten.

Weihnachten bei Lilly und ihren Kindern

Bei ihr ist Weihnachten immer gleich. Sie freut sich schon. Ihr Mann auch. Jedes Jahr fragen sie die Kinder, ob sie etwas ändern sollen an ihrer Feier. Nein, sagen die Kinder, alles soll sein wie immer. Kirche am frühen Abend, Essen bei schöner Musik, Geschenke auspacken. Alle freuen sich. Aber nicht nur wegen Essen und Geschenken. „Weihnachten hat für mich etwas ganz Besonderes“, sagt Lilly.

Warum Lilly den Weihnachtsengel liebt

„Da kommt der Engel zu den Hirten, den rauen Burschen, und sagt klar und deutlich: Fürchtet euch nicht. Als gäbe es nicht genug zum Fürchten“, sagt Lilly. „Der Krieg, die Armut, das Klima. Das macht mir Angst. Darum liebe ich den Engel mit seinem Fürchtet euch nicht!“, sagt sie und lächelt. Das klingt so ein bisschen trotzig, wie ein kleines Dennoch. Lilly wedelt jetzt beim Reden mit ihren Händen. „Da ist die kleine Welt in Bethlehem“, sagt sie. „Alle fürchten sich, mehr oder weniger. Die Hirten, Josef und Maria. Die seltsame Volkszählung zum Steuereintreiben. Die Welt, das Leben macht ihnen doch Angst.“

Liebe stellt sich gegen die Furcht

„Aber dann kommt der Engel und sagt: Fürchtet euch nicht! Weil der Engel bestimmt weiß, dass es etwas gibt gegen die Furcht. Dass wir den Ängsten nicht ausgeliefert sind. Damals nicht und heute nicht.“ Lilly ist jetzt ganz eifrig und redet schneller als sonst. „Die Liebe stellt sich gegen die Furcht“, sagt sie. „Das erlebe ich bei uns in der Familie.

Liebe kann viel mehr als Furcht

Manchmal geht es hoch her, wir sind selten einer Meinung. Kein Wunder bei drei Kindern zwischen neun und fünfzehn. Aber - wir passen immer auf uns auf; wir mögen uns, brauchen uns.“ Lilly wird jetzt ruhiger. „Das mag ich so an Weihnachten“, sagt sie: „dieses kleine, trotzige Dennoch. Die Liebe kann so viel mehr als die Furcht, oder? Und wenn es nur eine kleine Umarmung ist.“
 

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren