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Eine Weihnachtsaktion in Betlehem
Bild: R. Milczewsky

Eine Weihnachtsaktion in Betlehem

Dr. Annette Wiesheu
Ein Beitrag von Dr. Annette Wiesheu, Theologische Referentin des Bischofs von Mainz
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„Ich trage deinen Namen in der Heiligen Nacht nach Bethlehem“: So heißt die Weihnachtsaktion der deutschen Benediktiner von der Dormitio-Abtei in Jerusalem. Jedes Jahr ziehen die Mönche und andere Pilger in der Heiligen Nacht von ihrem Kloster auf dem Zionsberg hinunter nach Bethlehem, singend und betend, und dann feiern sie am Morgen des Weihnachtstages einen Gottesdienst in der Geburtskirche in Bethlehem.

Namen und Anliegen fürs Gebet nach Jerusalem übermitteln

In den Wochen davor laden die Mönche dazu ein, ihnen die Namen und Anliegen von Menschen zu übermitteln, in der Heiligen Nacht nehmen sie die Namen mit auf ihren Weg nach Bethlehem. Und das ganz wörtlich: Die Namen werden auf eine große Schriftrolle geschrieben, die die Mönche mit sich tragen und dann in der Geburtsgrotte niederlegen. Alle Menschen und ihre Anliegen, die dort niedergeschrieben sind, nehmen die Mönche mit in ihr Gebet am Geburtsort von Jesus. 

Die Terror-Opfer dem Fürst des Friedens anvertrauen

Auch in diesem Jahr planen die Mönche, nach Bethlehem zu pilgern und die große Schriftrolle mit den Namen mit sich dorthin zu tragen. Terror, Gewalt und Krieg werden in dieser Nacht und bei diesem Gang nach Bethlehem bestimmt nicht vergessen sein. Der Abt der Dormitio-Abtei schrieb vor einigen Tagen: In diesem Jahr werden viele Namen von Verstorben auf der Rolle stehen, von Opfern von Terror und Krieg. Und: Wir werden sie dem in Bethlehem geborenen Fürst des Friedens, Jesus Christus, anvertrauen. 

Was bewirkt so ein Gebet?

Die Namen der Toten aufzuschreiben und für sie zu beten – auf den ersten Blick mag das wie eine hilflose, schwache Geste wirken. Die Toten werden durch das Gebet nicht zurückkommen, das Leid der Opfer und ihrer Lieben kann nicht ungeschehen gemacht werden, die Trauer bleibt. Ich frage mich: Was kann so ein Gebet bewirken – angesichts eines seit Jahrzehnten schwelenden Konflikts, angesichts von Hass, von unvorstellbar brutalem Terror, von Krieg und Zerstörung, von Traumatisierten und Verwundeten an Leib und Seele, von unzähligen Toten? 

Die Hoffnung auf Frieden noch nicht aufgegeben

Doch für die Toten, für die Opfer von Terror und Krieg zu beten und sie auf den Weg nach Bethlehem mitzunehmen, das heißt auch: Sie sind nicht vergessen, ihre Namen sind festgehalten, ihr Leid und die Trauer über das, was ihnen widerfahren ist, bekommen einen Raum. Wer sie dem „Fürst des Friedens“ anvertraut, wer für den Frieden betet, der bringt auch zum Ausdruck: Ich finde mich nicht ab mit der Gewalt, ich nehme sie nicht einfach hin. Ich bete für den Frieden, und das heißt auch: Ich habe die Hoffnung auf Frieden noch nicht aufgegeben, ich lasse mich nicht von Hass und Verzweiflung überwältigen. Ich setze Hass und Verzweiflung mein Gebet entgegen.

Friede im Heiligen Land – im Moment ist er weit weg, erscheint unerreichbar. Und nicht nur dort. Aber vielleicht kann aus diesem Gebet und aus dieser Haltung etwas wachsen, das zu mehr Frieden führt. 

Hier finden Sie weitere Informationen über die Weihnachtsaktion der Dormitio-Abtei in Jerusalem.

Abt Nikodemus Schnabel von der Dormitio-Abtei in Jerusalem ist Gesprächsgast in der Dezember-Folge des Podcast „Lebensfragen“ aus dem Bistum Mainz.

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