Advent – die doppelte Vorfreude
Manche sagen, die Adventszeit sei schöner als Weihnachten. Weil Vorfreude die schönste Freude ist. Dieses Gefühl der Vorfreude fängt ein Adventslied im Evangelischen Gesangbuch wunderbar ein: „Ihr lieben Christen freut euch nun. Bald wird erscheinen Gottes Sohn, der unser Bruder worden ist. Das ist der lieb Herr Jesu Christ."[1]
Ein freudiges Adventlied
Das Lied blickt voller Vorfreude auf Weihnachten. Auf dieses Fest führt der Advent hin – mit seinen vielen Gebräuchen, die die Vorfreude steigern. Dazu gehört für viele auch das Aufbauen einer Krippe.
Vorfreude auf das Kind in der Krippe
Sie erinnert an das, was aus christlicher Sicht an Weihnachten gefeiert wird: Jesus Christus, das kleine Kind in einer Krippe, das Maria in einem Stall zur Welt bringt, begleitet von Engeln und Hirten - Gottes Liebesbeweis für die Welt. Der wird bald erscheinen, so besingt es das Adventslied. Damit sind konkrete Hoffnungen verknüpft: Ganz oben auf der Liste: Frieden in der Welt und Geborgenheit im persönlichen Umfeld, in den Familien. Leben wie es sein soll – zumindest für die Festtage.
Eine überraschende Wende
Doch das Adventslied nimmt in der zweiten Strophe eine überraschende Wende. Sie lautet so: „Der jüngste Tag ist nun nicht fern. Komm, Jesu Christe, lieber Herr. Kein Tag vergeht, wir warten dein und wollten gern bald bei dir sein.“ Das Lied springt also von der Vorfreude auf Weihnachten an das Ende aller Zeiten. Die Bibel nennt das den „Jüngsten Tag“. Diesen Tag sehnt das Lied herbei. Denn dieser Tag verspricht eine dauerhafte Nähe zu Jesus und zu Gott. Damit wäre auch verknüpft, dass man alles hinter sich lassen kann, was das bisherige Leben mühselig macht.
Kommt da noch mehr?
Diese Strophe wirkt heute für viele befremdlich. Denn die meisten Menschen sind ganz auf ihr derzeitiges Leben fokussiert. Ob es für sie danach oder darüber hinaus noch etwas anderes gibt, bleibt meist außen vor. Doch auch im geschäftigen Alltag gibt es nachdenkliche Momente. Etwa wenn man mit einem Todesfall konfrontiert ist. Oder wenn man verzweifelt feststellt, dass Gewalt, Not und Zerstörung kein Ende nehmen wollen. Dann stellen sich manche die Frage, ob das Leben hier wirklich alles ist – oder ob da noch etwas anders kommt.
Doppelte Vorfreude
Diese Frage greift der Advent nach christlichem Verständnis auf. Er schürt Vorfreude in einem doppelten Sinn: Zum einen macht der Advent Lust auf Weihnachten, das Fest der Liebe, die Geburt Jesu. Zum anderen weist der Advent auf das Ende aller Zeiten hin, wenn Jesus zurückkehrt und die Menschen zu sich holt, in eine andere, ganz neue Welt.
Doppelte Vorfreude also im Advent. Sie trägt mich über so manchen Moment der Verzweiflung hinweg. Damit hilft sie mir, zuversichtlich zu bleiben.
[1] EG 6, 1+2