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Sprich nur ein Wort
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Sprich nur ein Wort

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim
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Reden ist Silber. Schweigen ist Gold, heißt ein Sprichwort. Man sagt, es stamme von dem Ordensgründer Benedikt von Nursia, der im 6. Jahrhundert lebte. Schweigen, das hieß für die Ordensmitglieder seitdem so viel wie Meditieren und Beten. Aber ich fürchte, so wird das Sprichwort heute kaum noch verstanden. Meistens dient es als bequeme Ausrede, sich raus zu halten. Sie wissen schon: Die berühmte schweigende Mehrheit. Dabei gäbe es so viel zu bereden, unter Kollegen, unter Freunden, in der Familie. Aber man will ja nicht noch mehr kaputt machen. Dann sitzt man den Konflikt lieber aus. Duckt sich weg. Schweigt. Ich fürchte: Schweigen kann die Seele auch krank machen. 

Schweigen kann die Seele krank machen

Es bräuchte es einen neuen Anfang, Mut zu einem befreienden Wort und Gespräch. Manche finden diesen Mut im Glauben. So wie meine Bekannte Simone, die mich kürzlich in einen katholischen Gottesdienst eingeladen hat. Da ist mir ein Satz in einem Gebet aufgefallen. Kurz vor dem Abendmahl haben alle gesprochen: "Herr, sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund." Das ist ein Satz aus der Bibel (Lukas 7,7). Ursprünglich gesprochen von einem römischen Offizier. Der sorgt sich um seinen todkranken Diener. Von Jesus erhofft er sich ein Wort der Heilung. Der Hauptmann selbst erteilt Befehle, von Berufs wegen. Aber das Wort, das seinen Diener heilt, kann er nicht sprechen. Das erbittet er von Jesus. "Sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund." Die Worte des Hauptmanns haben Eingang in die katholische Liturgie gefunden. Als Vorbereitungsgebet zum Empfang der heiligen Kommunion, dem Abendmahl, der tiefsten Glaubens-Begegnung mit Jesus Christus. Der Gedanke dahinter: Dem todkranken Diener geht es so wie der menschlichen Seele. 

Das Wort Jesu beim Abendmahl

Ich habe meine Bekannte Simone gefragt, was ihr dieser Satz bedeutet: "Herr, sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund." Sie hat geantwortet: "Für mich persönlich ist das ein wichtiger Satz. Brot und Wein im Abendmahl: Das ist eine besondere Begegnung mit Gott, mit Jesus. Dieser Satz erinnert mich daran: Ich kann nicht alles aus eigener Kraft schaffen. Ich bin auf Gott und andere Menschen angewiesen. Wir Christen glauben an einen Gott, der gnädig und barmherzig ist, der uns heilende Wort schenkt und möchte, dass es uns gut geht. Das ist Nahrung für meine Seele." 

Worte können Nahrung für die Seele sein

Ich finde, Simone hat Recht. Reden kann tatsächlich so etwas wie Nahrung für die Seele sein. Manchmal ist ein ehrliches Wort zur richtigen Zeit Gold wert. Ein hilfreiches Wort kann sogar heilen. Darauf will ich vertrauen. Die Seele kann gesunden durch ein gutes Wort in einer SMS, die ich dem Freund schicke, von dem ich weiß: Er hat gerade ein gutes Wort nötig. Oder wenn ich Konflikte auf den Tisch bringe. Wenn ich nicht totschweige, was mich belastet. Das ist dann der befreiende Moment oder eben das Wort, das meine Seele wieder gesund macht. Denn gar nicht so selten gilt: Schweigen ist Silber. Reden ist Gold.
 

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