Gesundwerden – eine Geduldsprobe
15 Jahre lang habe ich als Klinikseelsorger Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen begleitet. Viele am Ende ihres Lebens. Aber auch vor und nach großen Operationen. Oder auch, wenn eine Diagnose das Leben eines Menschen auf den Kopf gestellt hat und er sein Leben neu sortieren und ausrichten musste. Manchmal dachte ich, ehrlich gesagt: Bei allem Verständnis, das dauert jetzt aber arg lang, bis da jemand wieder auf die Füße kommt – im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn.
Jetzt war ich auf die Unterstützung anderer angewiesen
Vor ein paar Wochen bin ich dann selbst an den Knien operiert worden. Da war ich nun Patient und habe am eigenen Leib erfahren, wie das ist, so außer Gefecht und auch hilflos zu sein. Jetzt war ich auf die Unterstützung anderer angewiesen: auf die Schwestern, die mich versorgt haben, die mir die Strümpfe angezogen oder eine Spritze gesetzt haben. Die Physiotherapeutinnen, die mich am Tag nach der OP zu dritt aus dem Bett geholt und wieder auf meine eigenen Füße gestellt und dann jeden Tag mit mir das Laufen geübt haben. Ihnen und den vielen anderen hilfreichen Geistern bin ich sehr dankbar.
Vieles im Alltag ist doch beschwerlicher
Und, ich habe mich noch einmal mehr kennengelernt. Es geht halt nicht alles im gewohnten Tempo. Vieles im Alltag ist beschwerlicher. Gerne hätte ich, dass es schneller in den gewohnten Zustand zurück geht. Manches hatte ich mir vorher unkomplizierter vorgestellt. Und jetzt weiß ich, was Geduld bedeutet. Nämlich: meine Lebenssituation wahrnehmen und mich in das Gegebene einfinden. Und das Mögliche zu gestalten. Dann kann es auch wieder besser werden. Das ist ein Erfahrungsschatz, den ich mit anderen teilen kann.
