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Einatmen und Ausatmen
Bild: pexels / Oleksandr P.

Einatmen und Ausatmen

Andrea Wöllenstein
Ein Beitrag von Andrea Wöllenstein, Evangelische Pfarrerin, Marburg
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„Jetzt kann ich erst mal durchatmen“, sagt die Patientin nach der Visite. Die Ärztin hatte gute Nachrichten. Bei der Operation lief alles nach Plan. Die Aussichten auf Heilung sind gut. Jetzt kann sie aufatmen. Die Anspannung der letzten Tage loslassen und mit dem frischen Atem auch Gelassenheit einatmen und neuen Mut. Das kenne ich gut! Genau diesen Moment: Vorher Beklemmung, Angst, die Luft bleibt mir weg – und dann wieder richtig durchatmen. Raus aus der Enge. 

Atmen ist Lebendigkeit

Leben heißt Atmen. Atem ist Lebendigkeit. Der Atem ist das Erste, was Gott dem Menschen schenkt. So erzählt es der Schöpfungsbericht im 2. Kapitel der Bibel (Gen 2,7) Gott erschafft den Menschen aus Erde vom Acker und bläst „den Odem des Lebens“ in seine Nase, wie Martin Luther übersetzt. „Da wurde der Mensch atmendes Leben“ (BigS). Im Atem sind wir mit allen Wesen der Schöpfung verbunden. „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“, heißt es in den Psalmen (Ps. 150,6) Damit sind nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere gemeint. 

Bedeutungen des hebräischen Wortes Ruach

Das hebräische Wort an dieser Stelle heißt „Ruach“. Es ist weiblich. Die Ruach. Es bedeutet: Atem, Wind oder Geist. Es ist auch das Wort für Gottes Geist. Für die heilige Geistkraft. Sie lebt in uns, fließt durch uns. Über den Atem kann ich spüren, was es heißt: Gott wohnt in mir. Ist nicht weit weg irgendwo oben im Himmel, sondern ganz nah, in meinem Körper, in meinem Leben. Lädt ein, loszulassen, was verbraucht ist. Schenkt neue Lebenskraft und bringt mich in Bewegung.

„Es atmet mich“

Der Atem kommt von selbst, ohne dass ich etwas dazu tun muss. „Es atmet mich“. Und gleichzeitig kann ich ihn bewusst gestalten. Mal durch den Mund, dann durch die Nase ein- oder ausatmen. Das Ausatmen verkürzen oder verlängern. Wenn ich gestresst oder nervös bin, kann mir der Atem helfen, wieder in die Ruhe zu kommen, indem ich ruhig und bewusst einatme und wieder ausatme. 

„Du in mir und ich in dir“

Auch in der Meditation führt der Atem in die Stille. Ich beobachte meinen Atem. Wie er kommt und wie er geht. Gedanken, die auftauchen, lasse ich wie Wolken vorüberziehen. Mit dem Einatmen und Ausatmen kann ich Worte verbinden. „Du in mir und ich in dir“. Sie helfen mir zur Ruhe und erinnern daran, dass Gottes Atem, Gottes Geistkraft in mir wohnt und ich mit ihr verbunden bin. 

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