Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Die Auferstehung der Toten in Dura Europos
Bild: DianneKet_pixabay

Die Auferstehung der Toten in Dura Europos

Dr. Ansgar Wucherpfennig
Ein Beitrag von Dr. Ansgar Wucherpfennig, Jesuitenpater, Professor für Neues Testament an der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt
Beitrag anhören:

In der Osternachtliturgie in katholischen Kirchen gibt es eine biblische Lesung aus dem Buch Ezechiel. Da wird der Prophet in einer Vision in ein großes Tal versetzt, in dem lauter Tote liegen, viele ausgetrocknete Gebeine im ganzen Tal verstreut. Dem Propheten wird aufgetragen, mit Gottes Wort zu diesen Gebeinen zu sprechen: Sie sollen wieder lebendig werden. Daraufhin werden die vertrockneten Knochen wieder zusammengefügt zu Körpern vieler Menschen. Alle sind ganz und heil, mit Haut und Haar, aber es ist noch kein Leben in ihnen. Dann soll der Prophet Gottes Geist aus den vier Winden herbeirufen, um die Körper mit seinem Atem wieder zu beleben. Tatsächlich steht danach in der Ebene ein riesiges Heer von lebendigen Menschen. Die Lesung wird in der Osternacht gelesen, wenn die Kirchen noch dunkel sind und nur vom Kerzenschein erleuchtet. Das ist für mich immer ein bewegender Moment. Er gibt mir auch in diesem Jahr Hoffnung für die vielen zerstörten Körper in den Kriegen dieser Welt – und auch für die vielen Tode, die Gottes zermarterte Schöpfung weltweit stirbt. Es gibt nicht vieles, was da helfen kann, aber mit der Bibel kann ich glauben: Gottes Wort hat die Macht, der Gewalt und dem Sterben etwas entgegenzusetzen.

In der Mitte des Gemäldes sind die Körper wieder ganz geworden

Vor einigen Jahren habe ich entdeckt: Diese Vision war in Szenenbildern in einer antiken Synagoge in Dura Europas dargestellt. Mitte des 3. Jahrhunderts war diese Stadt im heutigen Syrien zerstört worden und dann nicht mehr wiederbelebt. Erst 1932 wurde sie ausgegraben. Da sieht man zuerst Arme, Beine, Köpfe und verschiedene Körperteile gewaltsam getöteter Menschen. Wie auf einem verwüsteten Schlachtfeld liegen sie um den Propheten herum. In der Mitte des Gemäldes sind die Körper der Menschen wieder ganz geworden, und der Prophet sieht, wie vier geflügelte Frauenfiguren sich den Körpern zuwenden und ihnen sanft Geist und Lebensatem einhauchen. In der dritten Szene dann stellen zehn Männer in weißen Gewändern die Auferstehung dar. Der Prophet zeigt auf diese Gruppe, und die Gemeinde in der Synagoge konnte mit ihnen in Beziehung treten, denn die Männer haben ihre Hände zum Gebet und Lobpreis erhoben.

Gewalt und Tod gehörten wohl zu den Erfahrungen

Gewalt und Tod gehörten wohl zu den Erfahrungen der Gemeinde, die sich früher in der Synagoge versammelt hat. Die Bilder mit dem Propheten Ezechiel teilen ihr mit: Ihr seid mit vielen anderen Geretteten zu einem Volk versammelt, das Gott aus einem vielfältigen Tod heraus befreit hat.

Auferstehung ist Hoffnung für die ganze, gequälte Welt

Die Wandgemälde in Dura Europos drücken eine Hoffnung antiker Jüdinnen und Juden aus. Es ist aber auch eine biblische Hoffnung, die meine christliche Sicht von Auferstehung weitet. Auferstehung meint nicht nur mich persönlich, sie ist Hoffnung für die ganze gequälte Erde.

Auferstehung ist eine gemeinsame Erfahrung für alle

Auferstehung ist eine Gemeinschaftserfahrung. Sie bedeutet: Mit meinen Ängsten und Verletzungen und auch mit meiner Schuld werde ich aufgenommen in ein Volk, dem Gott Rettung schenkt. Ich bin ein Teil der ganzen Schöpfung, die Gott mit seiner Geistkraft zum Leben führen wird.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren