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Das Ehepaar an der Kasse
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Das Ehepaar an der Kasse

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Sie fallen sofort auf an der Kasse im Supermarkt. Ein altes Paar. Er ist groß, hat weiße Haare und ein eher finsteres Gesicht. Sie ist klein, trägt einen Pelzmantel und ist stark geschminkt. Auch sie schaut grimmig. Sie meinen nämlich, die Kassiererin habe einen Fehler gemacht. Das kostet nicht so viel, sagen sie und zeigen auf die Apfelsinen. Dann schauen sie sich um und sagen irgendwohin: Das passiert hier immer wieder.

Die Kassiererin bleibt ruhig

Die junge Frau an der Kasse bleibt ruhig. Doch, sagt sie, das kostet so viel. Zum Beweis steht sie auf und holt die Ware noch einmal. Ja, sagt der Mann mit dem finsteren Gesicht, aber die wollten wir ja gar nicht. Haben sie aber genommen, denke ich. Wir wollten die billigen, sagt die grimmige Frau. Die junge Frau an der Kasse bleibt weiter ruhig. Ich hole sie ihnen, sagt sie und holt die billigere Ware. Ohne Regung, dafür grimmig, bezahlen die beiden Alten und wollen gehen.

Danke sagen, wäre nett

Sie rechnen aber nicht mit dem jungen Mann hinter ihnen. Der sagt zum älteren Paar: Und jetzt könnten Sie sich bitte noch bei der jungen Frau bedanken, die Ihnen so freundlich geholfen hat. Wieso, sagt die alte Frau, das ist doch ihre Pflicht. Nein, sagt der junge Mann, Sie beide sollten sich nicht beschweren, wenn es ihr eigener Fehler war. Das alte Paar schaut entgeistert. Die Frau an der Kasse bedankt sich leise.

Alter schützt vor Torheit nicht

Andere sind nicht meine Knechte oder Mägde. Und Alter schützt vor gar nichts. Es war der Fehler des alten Paares. Den wollen sie wohl nicht erkennen. Und denken dann, sie dürften ihn auf andere schieben und meinen, die hätten ihnen gefälligst zu dienen. Man darf sich aber der Menschen nicht bedienen. Und niemand ist nur deswegen klüger, weil er älter ist. Man geht auch nicht grimmig an eine Kasse. Dort sitzt keine Maschine, sondern ein Mensch. Und die junge Frau ist auch nicht schuld am Leben der Alten. Man darf sein Unglück mit sich nicht abwälzen auf andere. An meinen Fehlern ist niemand anderes schuld. Mein Leben bleibt meine Verantwortung. Vor Gott und vor mir. Meckern macht mickrig. Danken bringt Glück. 

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