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"Sage ihre Namen!"
Bild: demokratie-leben-hanau.de

"Sage ihre Namen!"

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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Ich treffe, vor allem beruflich, sehr viele Menschen und es fällt mir leider ziemlich schwer, mir die Namen zu merken. Oft muss ich dann nochmal nachfragen: „Ich kenne Sie vom Sehen, aber wie war Ihr Name?“ Gerade die Bewohnerinnen und Bewohner in den Altenheimen, in denen ich arbeite, freuen sich, wenn ich sie mit Namen ansprechen kann. Ich kenne dieses Gefühl, es bedeutet: Ich werde gesehen, ich bin gemeint. Eine der beliebtesten Bibelstellen bei Taufen ist dann auch ein Satz aus dem Buch Jesaja: „Ich habe dich beim Namen genannt, du bist mein“ (Jesaja 43,1).

Mit dem Namen der Verstorbenen die Erinnerung wach halten

Und wenn im Gottesdienst, zum Beispiel an Allerseelen, an die Verstorbenen des Jahres erinnert wird, dann werden nicht nur Kerzen angezündet, sondern auch nochmal alle Namen genannt.

Etwas beim Namen nennen, heißt Klartext reden

Die Ahnung, dass Gott uns sieht und kennt und wirklich jeden und jede meint, ist ermutigend und macht einen Unterschied: Es ändert auch den Blick auf mich selbst. Gott sieht mich, Gott nennt mich beim Namen. In der deutschen Sprache bedeutet „etwas beim Namen nennen“ auch: sagen, was Sache ist, Klartext reden, nicht vertuschen. Auch darum geht es bei der Aktion unter dem Hashtag „#Say their names“, auf Deutsch: Sage ihre Namen.

Alle neun Namen der Opfer des rassistischen Anschlags nennen

Vielleicht sagt uns ein einzelner Name wie der von Gökhan Gültekin nicht sofort etwas, aber wenn ich nacheinander alle neun Namen vorlese, dann werden viele wissen oder ahnen, dass es die Namen der Opfer des furchtbaren rassistischen Anschlags in Hanau sind. Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov.

Voller Hass auf Muslime, Juden, Nicht-Deutsche

Es geschah vor genau vier Jahren, am 19. Februar 2020. Ein Rechtsterrorist hat abends in Hanau in Bars und auf der Straße neun Menschen unterschiedlicher Nationalität erschossen. Weil er voller Hass war auf Muslime, auf Juden, auf Nicht-Deutsche.

Ein Slogan, der weit über Hanau und Hessen hinaus bekannt ist

„#Say their names“, übersetzt also „Sage ihre Namen“, dieser Hashtag der Initiative „Demokratie leben Hanau“ ist inzwischen ein Slogan, der weit über Hanau und über Hessen hinaus bekannt ist. Auch auf den Demonstrationen gegen Rassismus, Hass und rechte Gewalt habe ich diesen Slogan immer wieder auf Plakaten und Schildern gesehen.

Erinnern und dazu beitragen, dass so etwas nie wieder vorkommt

Es geht darum, an die ermordeten Menschen mit ihren Namen, ihren Bildern und vielleicht sogar mit ihrer Biographie zu erinnern, ihr Andenken zu wahren. Und: Erinnern heißt verändern, so steht es auf der Homepage der Initiative. An die Namen der Menschen zu erinnern, die durch rassistischen Hass und Gewalt gestorben sind, verstehe ich als Verpflichtung, dazu beizutragen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte hier angstfrei und sicher leben können und das so möglichst nie wieder vorkommt.

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