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Den inneren Schweinehund besiegen
Pixabay/ lutz

Den inneren Schweinehund besiegen

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Im Dom zu Quedlinburg am Rande des Harzes gibt es eine ganz eigentümliche Figur; etwas, was man noch nie gesehen hat, und was trotzdem jeder kennt. Zur Hälfte handelt es sich dabei um die Gestalt eines Hundes, zur anderen ist es ein Schwein. Es stellt einen Schweinehund dar. Man mag sich wundern, was nun so ein Hund-Schwein oder Schweine-Hund in einer Kirche zu suchen hat, aber bevor man dazu kommt, die Frage zu beantworten, hat man den mysteriösen Schweinehund schon in der Hand, denn die Figur ist dort an der Tür angebracht, als Klinke. Wer immer in die Kirche hineingehen will, muss den Schweinhund anfassen, sonst kommt man nicht rein.

Der innere Schweinehund - ein Sinnbild für die eigene Willensschwäche

Der innere Schweinhund ist ein Sinnbild, das die eigene Willensschwäche auf eine Tierfigur überträgt, wie bei einer Fabel. Dahinter steht die Erkenntnis: Es sind meistens gar nicht fehlende Informationen oder falsche Urteile, die mich davon abhalten, das zu tun, was ich eigentlich will. Im Grunde genommen möchte ich doch ein Leben so führen, wie ich es für richtig halte: Auf jeden Fall so essen, dass es guttut, nicht zu viel nicht zu wenig. Mich bewegen, der Umwelt zuliebe weniger Auto und dafür mehr Fahrrad, kein Fleisch aus Massentierhaltung und so weiter. Ich weiß sehr wohl, was richtig ist, aber dann kommt dieses verhängnisvolle Wort „eigentlich“ und schon sieht die Alltagspraxis anders aus. Irgendetwas hält mich davon ab.

"Das Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht."

Paulus hat in seinem Römerbrief einmal geschrieben: „Das Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht.“ (Römer 7,18). Genau so geht es häufig im Alltag. Viel von der Klimakatastrophe ist darauf zurückzuführen. Andere und auch ich, wir wollen etwas. Wir tun es aber trotzdem nicht. Es ist diese innere Stimme, die sich dagegenstellt, und Platz macht für Trägheit, mangelnde Entschlusskraft, Bequemlichkeit, oder einfach: keine Lust!

Ein Verantwortlicher für das eigene Fehlverhalten

Die Idee, mit einem inneren Schweinhund einen Verantwortlichen für eigenes Fehlverhalten zu benennen, ist relativ alt. Schon im Neuen Testament wird erzählt, wie die Menschen ihre Sünden auf Schweine übertrugen, und diese dann ins Meer jagten, um sie loszuwerden. (Matthäus 8,32) Mit diesem Ritual sollte das, was sich als innere Stimme so verheerend auswirkt, nach außen gekehrt und vertrieben werden.

In der Passionszeit die eigene Willensschwäche unter die Lupe nehmen

Im Volksmund hat sich dafür der Begriff des inneren Schweinehundes etabliert. Die Passionszeit, die gestern begonnen hat, ist auch ihm gewidmet. In den kommenden Wochen bis zum Osterfest kann ich meine eigene Willensschwäche unter die Lupe nehmen. Ich kann in dieser Zeit herausfinden, was ich eigentlich will, und was mich daran hindert, es auch so zu tun.

Insofern finde ich es eine tolle Idee, der Türklinke die Form eines Schweinehundes zu geben. Wenn die dann auch noch am Eingang einer Kirche ist, umso besser. Es ist ein guter Ort, um dieses Tier der Trägheit in den Griff zu bekommen.

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