Kirche - was soll‘s?
Es ist ja immer wieder spannend, wenn ich auf fremde Leute treffe und gefragt werde: Und was machen Sie so beruflich? Inzwischen überlege ich mir meine Antwort sehr genau. Nicht, dass ich verheimlichen wollte, dass ich Pfarrer bin.
Gäbe eine Menge zu erzählen, was Pfarrer machen
Ich hätte eine Menge zu erzählen: Wie das ist, Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu begleiten, was man im Religionsunterricht macht und wie man auf Ideen für die Predigt kommt. Auch, was Christsein bedeutet und welche Fragen man an den Glauben hat, war interessant für Gesprächspartner. Das ist aber schon seit einer Weile nicht mehr so. Heute erlebe ich oft etwas anderes: Pfarrer? Aha.
Gespräche über Kirche
Ach, wissen Sie, das interessiert mich alles nicht. Ich war schon lange nicht mehr in der Kirche, das gibt mir nichts. Da ist vieles seltsam weltfremd. Und außerdem ist die Kirche mir viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Mal abgesehen von den Missbrauchsfällen und dem jahrelangen Wegschauen, egal, ob evangelisch oder katholisch. Ich erlebe in solchen Gesprächen gar keine Fragen, keine Neugier, schon gar kein Interesse mehr. Eigentlich ist das Gespräch damit beendet.
Was solche Gespräche frühzeitig beendet
Das liegt aber mehr an mir, weil ich etwas ratlos verstumme. Es gibt keine Erwartungen mehr an die Kirche, an mich als Pfarrer. Ich höre, dass die Kirche meinem Gegenüber nicht guttut, schon lange persönlich nichts mehr bringt. Das ist eine sehr persönliche, individuelle Sicht.
Was wir in der Kirche neu lernen müssen
Und wenn ich dann trotzdem Luft hole, um ganz viele Beispiele von tollen kirchlichen Angeboten und Projekten aufzuzählen, da kommt mir der Gedanke: Ich finde es erstmal beruhigend, wenn Menschen wissen, was ihnen guttut. Und was nicht. Und wenn Kirche nicht dazugehört, wird es Gründe geben. Und so frage ich lieber: Was tut Ihnen denn gut? Was bringt Ihnen etwas im Leben? Woran hängt ihr Herz? Vielleicht ist es das, was wir in den Kirchen wieder neu lernen müssen: Fragen zu stellen und uns zu interessieren für das Leben.
