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Veilchendienstag
Pixabay/Gabriela Fink

Veilchendienstag

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Es ist ein eigenartiger Tag, dieser Dienstag: Der Rosenmontag liegt nun schon hinter uns, aber der Aschermittwoch lässt noch auf sich warten. Die großen Umzüge sind vorbei, manche müssen noch ihren Kater ausschlafen, aber die Fastenzeit, in der es für viele anders werden soll, beginnt erst morgen.

Veilchendienstag - die kleine Schwester des Rosenmontags?

Im Volksmund wird dieser Tag häufig als Veilchendienstag bezeichnet, vor allem in den Karnevals-Hochburgen. Das klingt interessant, auch wenn die Ableitung eher zweifelhaft ist. Der Ausdruck Veilchendienstag soll sich an den Rosenmontag anfügen: Nicht mehr ganz so ausgelassen, nicht mehr so üppig, aber immer noch attraktiv. Eben keine Rose, aber immerhin ein Veilchen. So gesehen könnte der Veilchendienstag als direkte Fortsetzung betrachtet werden, eben als kleine Schwester des Rosenmontags.

Am Rosenmontag die Sau raus lassen

Dabei ergibt sich aber ein kleines Problem, denn die Bezeichnung „Rosenmontag“ hat eigentlich nichts mit der gleichnamigen Blume zu tun. Im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm erfahren wir, woher der Ausdruck kommt. Ursprünglich war von dem „rasenden Montag“ die Rede. So wild trieben es die Jecken an diesem Tag, dass die Welt zu rasen schien: Die Fleischer ließen noch einmal die Sau raus, bevor sie in der Fastenzeit nichts mehr zu tun hatten, und alle anderen, vor allem die Vertreter der Obrigkeit, bekamen ihr Fett ab, sie wurden zum Ziel von Spott und derben Späßen.

Das blaue Veilchen steht für Demut und Bescheidenheit

Die Namensgebung durch zarte Blumen trifft diese Stimmung überhaupt nicht. Und doch gefällt mir der Ausdruck Veilchendienstag ganz gut. Für mich passt die Wahl der Blume gut. Das Veilchen symbolisiert in der religiösen Sprache nämlich ausgerechnet die Demut. Das liegt unter anderem an der Form seiner Blätter, die wie Herzen aussehen. Und wenn das Veilchen auch noch blau ist, wird die Anspielung an Demut und Bescheidenheit besonders deutlich. Denn in der Kunst wird Blau als Kennzeichen der Gottesmutter gedeutet. Aus veilchenblauer Seide wurden früher Jungfernkränze geflochten, in Opern und Liedern reichlich besungen, und Kaiserin Sissi bevorzugte sie für ihre Kleider.

Den Duft der Veilchen mit in die Passionszeit nehmen

Demut und Bescheidenheit, Unschuld und Nachsicht - alles das scheint meilenweit von Karneval entfernt. Und doch, finde ich, passt beides zu diesem verrückten Tag, weil er beide Seiten in sich trägt. Mit halbem Herzen hänge ich noch an den Späßen von gestern und genieße die Lebensfreude, die dadurch zum Tragen kommt. Mit der anderen Hälfte aber bin ich schon in der Passionszeit und denke an Morgen, mit den Herausforderungen, die uns bevorstehen. Ich selbst trage diese Ambivalenz in mir, ich bin zwiespältig. Da kommt mir ein Veilchendienstag ganz recht. Er könnte ausgleichen und verhindern, dass die Lebensfreude verloren geht. Vielleicht lässt sich der Duft der Veilchen in die Passionszeit mitnehmen.

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