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Geschenkt! Neues Leben mit Jesus Christus
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Geschenkt! Neues Leben mit Jesus Christus

Martina Patenge
Ein Beitrag von Martina Patenge, Katholische Referentin für Glaubensvertiefung und Spiritualität, Kardinal-Volk-Haus Bingen
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Geschenke – ich liebe Geschenke! Ich liebe es, Geschenke zu bekommen. Und ich liebe es noch mehr, Geschenke zu machen. Mit Wonne denke ich darüber nach, was die Person freuen könnte; voller Freude suche ich etwas aus oder stelle es sogar selbst her, und habe gleich doppelte Freude: weil ich mich schon im Voraus darüber freue, wie sich die beschenkte Person darüber freuen könnte. Und ich freue mich, wenn sie es dann auspackt. Insofern bin ich eine glückliche Schenkerin. Allerdings weiß ich auch: Für viele ist Schenken ein schwieriges Thema. Weil manche Menschen schwierig zu beschenken sind. Weil es verschiedene Vorstellungen davon gibt, was und wie ein Geschenk zu sein hat. Enttäuschungen sind da vorprogrammiert. 

Und beides ist ganz toll

Mein dreijähriger Enkelsohn entdeckt gerade verschiedene Arten von Geschenken:  Solche, die er sich gewünscht hat. Und solche, die jemand ausgesucht hat. Kürzlich hat er beide Arten von Geschenk bekommen. Seine Eltern haben ihm einen heißen Wunsch erfüllt. Großes Kinderglück! Und die Oma hat ihm eine Überraschung gekauft. Genauso großes Kinderglück! Und jetzt beschäftigen ihn diese beide Geschenke-Arten sehr. Beide machen ihn glücklich, mit beiden spielt er gerne und ausgiebig und erzählt dann jedesmal die Geschichte dieser beiden Geschenke. Ich staune sehr, wie lange seine Erfahrung nachwirkt. Weshalb er beim Spielen immer wieder von Neuem erzählt: dass er sich das eine gewünscht hat und das andere eine Überraschung war. Und dass beides ganz toll ist. 

So macht Schenken wirklich Spaß

Das Thema „Schenken“ und „Geschenke“ hat viele Seiten. In manchen Kulturen ist Schenken eine Art Geschäft. So erzählte eine Bekannte, dass bei ihnen ein Gastgeschenk einen bestimmten finanziellen Wert haben muss. Den muss man dem Geschenk auch ansehen. Da darf man sich nicht lumpen lassen. Das Gegengeschenk muss dann ähnlich wertvoll sein. Geschenk als materieller Wert. Das hatte einmal eine wichtige Bedeutung. Geschenke dieser Art sind ursprünglich eine Art Friedensangebot. „Ich komme mit guten Absichten und habe nicht vor, dich auszuplündern“. Und das Gegengeschenk heißt: „Ich heiße dich als Gast willkommen und muss mich nicht an dir bereichern“. Solche Gewohnheiten gibt es hierzulande durchaus auch noch, und das kann anstrengend sein. Für die Bekannte war es auf jeden Fall völlig neu, dass man auch schenken könnte, nur um jemandem eine Freude zu machen. Das kannte sie gar nicht. Sie ist begeistert von dieser Idee. Ein Geschenk, das im weitesten Sinn etwas mit Freundschaft oder Liebe zu tun hat. Und dann hat sie auch noch entdeckt, dass bereits das Aussuchen eines solchen Geschenks froh macht. Momentan ist sie hellauf begeistert davon, Schenken als Geschenk zu erleben und nicht als Geschäft. Und sie sagt: So macht Schenken wirklich Spaß! 

Musik 1: Thomas Moley: Joyne Hands (CD: Musik aus Renaissance und Barock, Würzburger Gitarrentrio, 1:27 min). 

Beides gleichzeitig geht nicht

In der Kirche wird mit Begriffen wie „Geschenk“ und „Schenken“ oft sehr freizügig umgegangen, und da kann durchaus auch eine Gefahr drin liegen. Manche können es deshalb auch nicht mehr hören, wenn von „Gottes Geschenken“ an die Menschen gesprochen wird. Und sie haben möglicherweise recht. Denn in dem Zusammenhang ist viel Ungutes geschehen: Einerseits wurde gesagt, dass Gott dem Menschen vieles schenkt wie Gnade, Liebe, Barmherzigkeit. Andererseits wurden dann sofort Bedingungen daran geknüpft: Man muss sich so und so verhalten, damit man des Geschenks würdig ist. Das kann ja nicht stimmen. Entweder ist etwas Geschenk, das wirklich frei geschenkt ist - oder es ist ein Geschäft? Beides gleichzeitig geht nicht. In der geistlichen Begleitung von Menschen erlebe ich in diesem Kontext die meisten Fragen.Da ist so viel vergiftet worden mit einem fragwürdigen Begriff von Gottes Geschenken an die Menschen. 

Wie mache ich es jetzt richtig? 

Die besorgte Grundfrage heißt dann oft: Was muss ich tun, damit Gott mich liebhat? Und das größte Erstaunen, wenn ich sage: „Was sie tun müssen, ist atmen und leben. Sonst erst einmal nichts.“ Aber seit jeher sind das die Fragen glaubender Menschen – was müssen wir tun, wie sollen wir uns verhalten. Wie mache ich es richtig? 

Die Bibeltexte, die am heutigen Sonntag in den katholischen Gottesdiensten gelesen werden, nehmen genau diese Fragen auch auf.  Ein Schüler des Apostels Paulus schreibt an die Christinnen und Christen in Ephesus folgendes: 

„Gottes Erbarmen mit uns Menschen ist groß. Wegen unserer Sünden waren wir in seinen Augen tot. Doch er hat uns so sehr geliebt, dass er uns mit Christus neues Leben schenkte. Unser neues Leben ist ein reines Geschenk Gottes.“  (Eph 2,4.5) 

Das neue Leben als reines Geschenk Gottes. Das neue Leben ganz gratis. Das ist alles! Darf ich das glauben? 

 

Musik 2: Heinrich Schütz: Also hat Gott die Welt geliebt (CD: Heinrich Schütz Geistliche Chormusik 1648, Knabenchor Hannover, 2:45 min). 

Von ihm kommen neue Bilder über Gott

„Unser neues Leben ist ein reines Geschenk Gottes“ – so sagt es die Bibel im Brief an die Epheser. Da ist schon mal ein erster Stolperstein. „Neues“ Leben? Was soll ich mir darunter vorstellen? Ich lebe doch schon eine ganze Weile. Neu ist davon gar nichts. In der Zeitrechnung der damaligen Christen war das allerdings anders. Für sie gab es eine alte Zeit – vor Jesus – und eine neue Zeit: mit ihm und alles danach. Selbst hat er auch immer von Gottes neuer Welt gesprochen, die jetzt begonnen hat. Er, Jesus selbst, ist sozusagen Grund und Ursache dieser neuen Welt. Von ihm kommen neue Bilder über Gott. 

Das war ihm wirklich wichtig

Mit ihm verändern sich auch Werte und Wichtigkeiten. Wobei das alles gar nicht so einfach ist: Jesus selbst war gläubiger Jude. In den jüdischen Traditionen und Verhaltensweisen hat er sich sehr gut ausgekannt. Er hatte nicht vor, eine neue Synagoge zu gründen. Er hatte auch nicht vor, all die gewachsenen Traditionen und Verhaltensweisen aufzuheben, in denen er groß geworden ist – manchmal hat er das ja auch genauso gesagt. Dass er nicht gekommen sei, um das Gesetz aufzuheben. Aber in gut jüdischer Gelehrtentradition hat er sich getraut, all das in Frage zu stellen, was von den Regeln und Traditionen seiner Meinung nach den Weg zu Gott eher verstellt. Das war ihm wichtig. 

Wenn er auftritt, geht es uns besser

Jesu neuen Verhaltensweisen sind: den ohnehin belasteten Menschen keine Lasten aufbürden. Eher umgekehrt, sie von Lasten zu befreien, die sie bisher niedergedrückt hielten. Eine der schweren Lasten war zum Beispiel der in der damaligen Denkweise übliche Zusammenhang von eigenem Tun und eigenem Schicksal: Du bist krank oder behindert? Das ist die Strafe für deine Sünden. Du bist arm und kommst auf keinen grünen Zweig? Ganz klar: Irgendwas wirst du schon getan haben, wofür du jetzt bestraft wirst – oder einer deiner Vorfahren. Solche Erklärungsversuche sind grausam, weil der leidgeprüfte Mensch auch noch selbst schuld an seinem Leid sein soll. Das hat Jesus verworfen. Nein, hat er gesagt. So ist das nicht. Und das haben ihm die Menschen gedankt. Sie haben erlebt: Wenn dieser Jesus auftritt, dieser Wanderprediger, dann geht es uns besser.

Ganz durchdrungen von diesen Gedanken

Wir fühlen uns in seiner Nähe gestärkt, freier, leichter. Er erzählt so schöne Gleichnisse von einem barmherzigen Gott: Von Gott, der das Krumme aufrichtet. Und jeden Menschen im Blick hat. Sich über jeden freut. Und man spürt bei Jesus: Er ist von diesen Gedanken ganz durchdrungen. Sie leuchten geradezu aus ihm heraus. Das hat offensichtlich viele elektrisiert, ihnen Hoffnung gegeben, Freude und den Wunsch, von einem solchen Blick auf Gott mehr zu hören. Das alles hat sich innerhalb der gewohnten Strukturen des religiösen Lebens entwickelt. Eine eigene Christus-Bewegung ist erst Jahrzehnte später allmählich entstanden. Und hat sich dann erst nach und nach von den jüdischen Wurzeln entfernt. 

Das „neue Leben“ – von dem Jesus spricht, heißt: Haltet Euch an Gott. Bleibt mit ihm in Verbindung. Denn das Beste, was euch passieren kann, ist Gott. Er will nur Gutes für Euch. 

Musik 3: Jaques Berthier: Meine Hoffnung und meine Freude (CD: Eingeladen zum Fest des Glaubens, Chor aus Schüler/innen und Dozenten/innendes Instituts für Kirchenmusik Mainz, 1:35 min). 

Ich schäme mich sehr für diese Auswüchse

„Ein neues Leben mit Gott“, davon erzählt der Brief aus der Bibel an die Menschen in Ephesus. Was dieses neue Leben sein soll, darüber kann man schon mal stolpern. Aber es gibt noch einen zweiten Stolperstein. Ich lese deshalb die Worte noch einmal:

„Gottes Erbarmen mit uns Menschen ist groß. Wegen unserer Sünden waren wir in seinen Augen tot. Doch er hat uns so sehr geliebt, dass er uns mit Christus neues Leben schenkte.“ (Eph 2,4)

Wegen unserer Sünden waren wir wie tot, sagt der Autor! Schon wieder die Sünden. Es geht anscheinend nicht ohne. Auch mit dem Sprechen über Sünde haben viele schon schlechte Erfahrungen gesammelt. Sünden waren doch über lange Zeit das Thema, um Menschen an die Kandare zu nehmen. Eine manchmal durchaus auch kräftig geschürte Sündenangst hat viele dazu gebracht, sich oft gegen ihre inneren Überzeugungen kirchlichen Gesetzen zu unterwerfen und zumindest äußerlich brav zu sein. Was das mit Menschen aber wirklich gemacht hat, ist zweifelhaft. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich schäme mich sehr für diese Auswüchse meiner Kirche, für diese unendliche Überbetonung von Sünde und Schuld.

Sie ist so falsch, dass sie auch Gott verletzt

Weil damit Jesus verraten worden ist. Als Geistliche Begleiterin habe ich zu viel miterlebt, was Menschen in dem Bereich erlitten haben. Ich weiß natürlich, dass es lange Zeit völlig normal war, immer nur auf das zu schauen, was falsch läuft, was fehlt, was nicht gut ist. Das war nicht nur in der Kirche so, sondern auch in der Pädagogik. Trotzdem ist das falsch. Die Überbetonung von Sünde widerspricht all dem, was die Bibel zeigt. Und ich behaupte: sie ist so falsch, dass sie auch Gott verletzt. Denn das ist nicht, was er für den Menschen will. Gott will das Beste für den Menschen, nicht dessen Unterwerfung. Aus Angst und Scham entsteht selten etwas Gutes. Gutes entsteht aus Ermutigung und Freiheit. 

Dann bekommt das alles einen anderen Klang

Nun spricht die Bibel ja öfter von der Sünde, von der die Menschen befreit werden sollen. Damit sind aber keine moralischen Verfehlungen gemeint. „Sünde“ kommt von „absondern“, abtrennen, sich von Gott abwenden. Selbst sein wollen wie Gott – alles besser wissen und alles selbst in die Hand nehmen, das ist Sünde. 

Ein Gott, der „das Beste für die Menschen will“ stellt keine Forderungen, die den Menschen schaden. Er fordert allerdings einiges ein, weil die Welt es braucht – Frieden, Liebe, Gerechtigkeit – das ist eine andere Blickrichtung. Gewissenserforschung ist daher wichtig. Sie ist so verstanden nichts Schlechtes. Verantwortlich in dieser Welt leben und handeln bleibt anspruchsvoll. Und da ist niemand perfekt, da passieren mir Fehler und ich bin vielleicht unaufmerksam, ungerecht, manchmal egoistisch. Ich denke an die Aufforderung zum Frieden. An die Sorge um die Natur. Auch die Sorge um die Menschenrechte, die Demokratie. Da ist unser menschlich-christliches Verhalten gefragt. Wenn ich es aber von Gott her denke, bekommt das alles einen anderen Klang. Von ihm her kommt Kraft und Ermutigung, sich genau dafür einzusetzen. An neuen Lebenswirklichkeiten mitzuarbeiten. 

Musik 4: Christòbal Halffter, Melodie / María Pilar López, Text: Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen (CD: Singt Gott den neuen Lobgesang, Chor aus Schüler/innen und Dozenten/innen des Instituts für Kirchenmusik Mainz, 1:21 min). 

Dafür braucht man sich gegenseitig oft

Gott will das Beste für den Menschen. Ich finde es wunderbar, was der Brief an die Epheser in der Bibel dazu sagt.  An einer weiteren Stelle im Epheserbrief hört sich das so an: „Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn erkennt. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt und wie überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke.“  (Eph 1,17-19) 

Ja, das brauche ich, ich brauche Licht für die Augen meines Herzens. Damit ich erkenne, welche Hoffnung von Gott ausgeht – für mein Leben. So ganz aus mir selbst sehe ich nicht immer, was Gottes Angebot für mein Leben sein könnte. Oder worin es besteht. Vielleicht bin ich da manchmal auch ein bisschen blind. Und dann bin ich froh, wenn andere Menschen mir die Augen meines Herzens öffnen.  Indem sie mich darauf hinweisen, welches Glück ich vielleicht zur Zeit habe, einigermaßen gesund zu sein. Oder eine schwierige Situation gemeistert zu haben. Dafür braucht man sich oft gegenseitig. Manchmal werden wir einander zum Segen. Wie gut, dass Freundinnen und Freunde mit mir glauben. Für mich, so wie ich bin, ist der Glaube tatsächlich ein großes Geschenk. Weil er mir hilft, verbunden mit Jesus Christus in dieser Welt meine Aufgaben zu erledigen. Zumindest bis heute hat mir das viel Energie und Mut gegeben. Freundinnen und Freunde erinnern mich immer wieder an diese Hoffnung. Damit keiner unterwegs aufgibt.

Ich hätte LEBEN gern anders gehabt

Zu einem reifen Glauben und Leben gehören die Erfahrungen von Gelingen und Glück ebenso dazu wie die Erfahrungen von Pannen, Schwierigkeiten und Grenzen. Das Paradies auf Erden gehört nicht dazu. Als junge Frau war mir das schwer. Ich hätte Leben gern anders gehabt, mit weniger Problemen und Klippen. Das ist vermutlich normal, wenn man jung ist. „Der Wunsch, verschont zu bleiben, taugt nicht“, sagt Hilde Domin in einem Gedicht. Es liegt schon ein Segen darin, genau das verstanden zu haben: So ist es mit dem Leben – ich muss nicht dem Unerreichbaren nachlaufen. Ich bin beschenkt mit der Hoffnung, dass sich mein Leben einmal mit Gott vollenden wird. Und aus dieser großen Hoffnung wachsen eine Menge kleiner Hoffnungsmomente für jeden Tag: Dass es sich lohnt, zu leben und mich auszustrecken nach meinen Aufgaben im Leben.

Und das ist ein großes Geschenk

Dass Gott meine Lebenswege immer schon mit mir geht und auch zukünftig gehen wird. Und daraus wächst auch die – manchmal etwas verhaltene - Hoffnung im Blick auf die Riesen-Krisen dieser Erde. Dass Menschen umkehren, einsichtig werden, dass es so nicht weitergehen kann mit Umweltzerstörung, Unfrieden und Kriegen. Die Aufgaben liegen auf der Straße, Gottes Kraft ist dabei, zupacken muss ich schon selbst. Mir geht es am besten, wenn andere mit anpacken. Und – ganz ehrlich – ich finde darin auch ziemlich viel sinnvolles Leben. Momente von „neuem Leben“. Und das ist ein großes Geschenk. 

Musik 5: Robert Schumann: „Nicht zu schnell“ aus „Sechs Studien in kanonischer Form“ (CD: Robert Schumann, Sämtliche Werke für Orgel, Dan Zerfaß, 2:29 min).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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