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Rache und Gewalt
Bild: pexels / Neosiam

Rache und Gewalt

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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"Ich habe meine Tochter verloren, aber nicht meinen Verstand.“ Dieser Satz geht mir schon eine ganze Weile nicht mehr aus dem Kopf. Er stammt von dem Israeli Ben Kfir.

Was Ben Kfir Schreckliches erlebt hat

Vor 21 Jahren verlor er seine Tochter Yael bei einem Bombenanschlag. Die 18-Jährige stand vor ihrem Militärstützpunkt zusammen mit anderen Wehrpflichtigen. Ein junger Palästinenser hatte einen Sprengstoffgürtel gezündet. Ben Kfir sagt, damals wollte er Rache. Er sei ein guter Schütze und habe schon Pläne geschmiedet, wie er auf einer Baustelle mehrere palästinensische Arbeiter erschießen könnte.

Keine Gewalt bringt meine Tochter zurück

Nachdem er durch die Hölle der Rachephantasien gegangen war, kam der schmerzvolle Gedanke:Keine Gewalt der Welt kann mir meine Tochter zurückbringen. Sehr zögerlich hat er nach einer Weile einen Elternkreis besucht. Dort treffen sich Frauen und Männer, die Angehörige durch Gewalt und Terror verloren haben, Palästinenser und Israelis.

Austausch in einem Elternkreis von Palästinensern und Israelis 

Sie tauschen sich aus über ihren Schmerz, über den Verlust. Sie sind fest überzeugt, dass die Spirale der Gewalt durchbrochen werden muss. Bei den Trauerfeiern für die Opfer des Hamas-Angriffs am 7. Oktober hat Michal Halev, deren Sohn Laor ermordet wurde, sehr deutlich gesagt: „Krieg ist nicht die Antwort, Krieg ist nichts, womit man die Dinge in Ordnung bringt. Dieses Land, Israel, durchschreitet den Horror. Und ich weiß, dass die Mütter in Gaza auch den Horror durchschreiten. In meinem Namen braucht es keine Vergeltung.“ Und auch sie wird gefragt, ob sie den Verstand verloren hat. Dabei ist es bitter nötig, auf die Familien der Opfer zu hören.

Gewalt zu beenden ist der einzige Weg

Auf die zu hören, die wissen, warum sie für das Ende von Krieg, für einen Waffenstillstand und Verhandlungen eintreten. Traumtänzer werden sie genannt, lächerlich und mundtot gemacht. Gewalt mit Gewalt zu beantworten, ist oftmals die einfache Regel. Die Trauernden und Überlebenden sagen etwas anderes: Die menschliche Fähigkeit, Gewalt zu beenden ist der einzige Weg. Wenn das gelingt, können die Lebenden mit der Versöhnung beginnen. Die Menschheit hat schon zu viele Kinder verloren, aber -noch nicht - ihren Verstand. 

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