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Das Osterei steckt voller Überraschungen
GettyImages/NataliaDeriabina

Das Osterei steckt voller Überraschungen

Ksenija Auksutat
Ein Beitrag von Ksenija Auksutat, Evangelische Pfarrerin, Stockstadt
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Wenn wir uns in der Familie nachher zum Osterbrunch treffen, bringe ich eine große Schale mit bunten Ostereiern mit. Das Besondere ist: Alle diese Eier haben Hühner in meinem Garten gelegt.

Hühner im Pfarrgarten

Seit zwei Jahren halte ich vier Hühner. Sie haben einen sicheren Stall, ein überdachtes Gehege und sie dürfen im Pfarrgarten frei herumlaufen. Es ist so witzig, sie zu beobachten! Immer wieder bleiben Leute am Zaun stehen. Besonders die Kinder auf dem Weg zur Kita beobachten die Hühner neugierig. Und auch ich habe so viel über meine Hühner gelernt.

Die meiste Zeit habe ich nämlich in Städten gewohnt. Hühnereier habe ich im Supermarkt eingekauft. Inzwischen weiß ich viel mehr über dieses wichtige Lebensmittel. Seit ich meine vier Hühner habe, verstehe ich auch, warum die Ostereier ein wichtiges Symbol beim Osterfest geworden sind.

Woher kommt das Osterei?

Ein Grund liegt in der bäuerlichen Geschichte. Früher gab es auf jedem Bauernhof Hühner. In einem Dorf damals war das jedes zweite Haus. Im Winter legen Hühner relativ wenig Eier. Erst wenn die Tage heller werden, kommt ihre Ei-Produktion so richtig in Gang. Aber gerade dann durften sie nicht verspeist werden. Zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag verzichtete man in der christlichen Tradition auf Fleischspeisen, oft auch auf Milch- und Eierspeisen. Denn die 40-tägige Passionszeit gilt als Fastenzeit. Es war eine siebenwöchige Zeit, in der sich die meisten vegan ernährten.

Aber die Hühner legten ja unverdrossen ein Ei nach dem anderen. Also sammelten die Bauern die Eier ein und lagerten sie bis Ostern. Man kochte sie hart, um sie haltbar zu machen, denn früher gab es ja keine Kühlschränke. Die hartgekochten Eier wurden gefärbt, damit man sie von den rohen Eiern unterscheiden konnte. In manchen Gegenden gibt es auch Sol-Eier. Dafür werden die gekochten Eier rundum angeditscht, so dass ihre Schale viele kleine Risse bekommt. Dann legt man sie in ein großes Glas- oder Steingutgefäß in eine Kochsalzlauge. Das Salz macht sie haltbar, es verhindert das Eindringen von Keimen.

Auch die Ostereiersuche gehört zum Fest

Am Ostertag wurden die Eier dann endlich verspeist. Kein Wunder, dass Ostereier bis heute für jedes Osterfrühstück ein Muss sind.

Und die Ostereiersuche! Denn wie jede Bäuerin weiß, muss man bei artgerechter Hühnerhaltung manchmal die Eier erst mal finden. Die lieben gefiederten Haustiere scharren sich nämlich gerne irgendwo ein Lege-Nest unter einem Baum oder unter einem geschützten Gebüsch. Da hat man schon früher die Kinder losgeschickt, um die frischen Eier zu sammeln. Später wurde auch unter Stadtkindern daraus ein Brauch, der für viele heute zum Osterfest gehört.

Seit ich die Hühner halte, verstehe ich mehr über die tiefe Bedeutung der Bräuche rund um das Osterei. Denn sie sind ein Wunder des Lebens.

Ein Symbol des Lebens - auch nach dem Tod

Das Ei ist schon immer ein Symbol für das Leben. Wenn es ausgebrütet wird, entsteht unter der harten Schale das neue Leben eines Kükens. Ich verbinde das mit der Geschichte von Jesus Christus. Gerade heute, an Ostern.

Jesus ist an Karfreitag gestorben. Er wurde dann in ein verschlossenes Grab gelegt. Damals war das eine Art Fels-Höhle, die man verschlossen hat. Der Tod hielt ihn umfangen. Rundum komplett abgeschlossen, wie die Schale von einem Ei. Aber am Ostermorgen ist Jesus dann von Gott auferweckt worden. Er ist auferstanden und hat das Grab verlassen. Das feiern Christen: Jesus hat die Grenze des Todes aufgestoßen. Damit hat er auch die Tür aufgemacht in das Leben nach dem Tod für alle, die an ihn glauben. So ist das Ei ein Symbol für die Auferstehung geworden: So wie ein Küken die Schale aufbricht und ans Licht schlüpft, lebendig, gleicht das dem Osterglauben.

Es braucht keinen Hahn

Die Kinder an meinem Gartenzaun, die meine vier Hühner beobachten, fragen oft: Wo ist denn der Hahn? Dann sage ich, dass es vier Mädchen-Hühner sind. Ich habe keinen Hahn, schon um den Lärm für mich und meine Nachbarn in Grenzen zu halten. Aber die Kinder denken nach. Sie fragen: Können die Hühner denn dann Eier legen? Doch, können sie. Hühner produzieren alle ein, zwei Tage ein komplettes, perfektes Ei. Auch unbefruchtet wird es von ihnen in ein Nest gelegt und auch für eine Weile bebrütet. Auch das wurde in der christlichen Tradition ein symbolisches Bild für Jesus. Denn Jesus hatte keinen leiblichen Vater, sagt ein Teil der biblischen Überlieferung. Sondern Gott selbst hat mit der Kraft seines Wortes Maria das werdende Leben geschenkt, damit sie dieses Gotteskind Jesus zur Welt bringt.

Ein Symbol für den dreieinigen Gott

Und es gibt noch ein drittes Ei-Symbol. Ein Ei besteht aus drei Bereichen: Der gelbe Dotter im Inneren, das Eiklar drum herum und die Eierschale. Ein Bild für Gott, der sich zeigt als Vater, als Sohn und als Heilige Geistkraft. Drei in eins, jedes für sich unverwechselbar, aber nur zusammen ein vollkommenes Ganzes. Ein perfektes Bild für das Leben.

Okay, und was bedeutet das denn für mich, dieses wunderbare Symbol für das Leben, das Ei? Darum geht’s mir gleich.

Osterglauben heute

Was hat das, was Christinnen und Christen sich zum Osterei gedacht haben, mit mir tun, mit meinem Leben, mit meinem Glauben?

Mir ist besonders eines wichtig geworden: Das Wunder des Lebens. Denn auch mit aller Kraft kann man aus einem Ei kein Küken hervorzaubern. Es muss langsam wachsen und aus eigener Kraft die Schale aufpicken.

Glaube muss wachsen

So geht es mir mit meinem Glauben. Als Kind wurde ich getauft. Ich denke gern daran. Es war meinen Eltern wichtig, mich unter Gottes Segen zu stellen. Sie haben damit gezeigt: Gott liebt unser Kind und nimmt es an. Gleichzeitig hoffen wir: Unser Kind wird hoffentlich einmal Gott vertrauen. Genau dieses Vertrauen zu Gott ist auch wie ein lebendiges Wesen. Glauben wächst und verändert sich, er ist lebendig. Das ist wie bei einem frischgeschlüpften Küken. Es braucht Futter und kann sich das erstmal nicht selbst suchen. Bei Hühnern zeigen die Alten den Küken, wie sie scharren müssen und was sich zu Picken lohnt. So lernen sie, sich mit allem Guten zu versorgen.

Genauso ging es mir auch mit meinem Glauben. Der Glaube muss erstmal wachsen. Und braucht Nahrung durch andere. Eine wichtige Quelle ist die Bibel. Ich habe als Kind in der Schule und als Konfirmandin viele Geschichten von Gott und von Jesus kennen gelernt. Allmählich prägte sich mir ein: Es ist gut, Gott zu vertrauen. Ich hörte auf die biblischen Geschichten der Bibel. Auch sie erzählen von Gefahren, von Streit, von Angst und Schuld. Doch sie haben ein gutes Ende. Vor allem haben sie mich   hineingenommen ins Vertrauen zu Gott und zum Leben. Ich bekam gute Nahrung für meine Seele mit auf meinen Weg.

Zurückgreifen auf einen Glaubensschatz

Schließlich wird auch ein kleines Vogelkind erwachsen. Es fängt selbst an, sein Leben zu leben. Ich wurde auch erwachsen. Und bestehe jeden Tag, ob alltäglich, ob in besonderen Momenten Gott sei Dank nicht allein. Ich kann immer wieder auf meinen Glaubensschatz zurückgreifen. Wenn ich mich freue und dankbar fühle, so wie heute am Ostertag, kann ich Gott danken. Und in schweren Zeiten bitte ich Gott um Beistand, um Hilfe, um einen guten Weg für mich.

Oster lehrt: Auch im Zweifel vertrauen

Aber trotzdem lebe ich nicht immer „wie aus dem Ei gepellt“, wie man so sagt, wenn etwas perfekt ist. Menschen mit Vertrauen zu Gott sind keine perfekten Menschen. Sie sind auch mal gemein. Ich kenn das: Im Nachhinein sehe ich die Momente, da hätte ich gern mehr Liebe gehabt – zu mir selbst. Zu anderen. Zu Gott. 

Da hilft mir, was Ostern von Jesus erzählt: Aus der Dunkelheit von Schuld und Tod kommt er neu ins Licht und ins Leben. Ich glaube, dass er mich auf diesem Weg mitnimmt. Ich bleibe nicht verhaftet im Alten, ich kann mich neu auf meinen Weg machen.

Heute am Osterfest feiere ich die Auferstehung Jesu, so wie viele Menschen heute.  Ich wünsche allen frohe Ostern - mit einem genussreichen Osterfrühstück mit Ostereiern, die daran erinnern: Das Leben siegt.

 

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