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Bischöfe und Kirche gegen Rechtsextremismus
Bild: S. Rieth

Bischöfe und Kirche gegen Rechtsextremismus

Stephanie Rieth
Ein Beitrag von Stephanie Rieth, Bevollmächtigte des Generalvikars und Dezernentin im Bistum Mainz
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Heute ist ein großer Tag für einen Freund von mir und für viele Menschen im Erzbistum Paderborn. Und darunter sind auch Hessinnen und Hessen – denn das Erzbistum Paderborn liegt zu einem kleinen Teil auch auf hessischem Gebiet. Heute bekommt Paderborn einen neuen Bischof. Seit Dezember ist klar: Udo Bentz aus Mainz soll es werden, er war mein Kollege und ist ein guter Freund. Über ein Jahr war diese Bischofsstelle nicht besetzt. Jetzt freuen sich die Gläubigen, dass es endlich soweit ist, und feiern aus Anlass der Einführung ein großes Fest. Ich bin auch dabei - und eine ganze Menge Menschen nicht nur aus Paderborn und nicht nur aus der Kirche. An so einem Ereignis nehmen viele Menschen teil: aus Politik und Kultur, Behörden und Einrichtungen - ein Querschnitt durch die Gesellschaft. Es ist tatsächlich ein Großereignis, das nicht nur für die Katholische Kirche Bedeutung hat, sondern weit über den kirchlichen Bereich hinaus. 

Das sind starke Worte

Das wird auch an einer Besonderheit deutlich, an die man zuerst einmal gar nicht denkt: Bevor der künftige Bischof sein Amt antreten konnte, musste er vor den Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen einen Treueeid ablegen. Er musste versprechen: Er wird die Verfassung achten und die auf dieser Grundlage gebildete Regierung. Er wird sich um das Wohl des Staates sorgen und sein Amt dazu nutzen, Schaden von ihm abzuwenden. 

Udo Bentz hat es bei diesem Anlass so formuliert: „Als Kirche bekennen wir uns uneingeschränkt zu Demokratie und Rechtsstaat. Wir stehen ein für die Würde eines jeden Menschen, gleichgültig ob er oder sie hier geboren ist oder ob er oder sie – aus welchen Gründen auch immer – zugewandert ist. Wir lehnen jede Form des Antisemitismus, der Fremdenfeindlichkeit und der Ausgrenzung ab.“ Das sind starke Worte.

Das sind wirklich Herkulesaufgaben

Wenn man sich das recht überlegt, dann ist das aber auch eine ganz schön große Aufgabe, neben all den anderen Aufgaben eines Bischofs. 

Ein katholischer Bischof muss das Wort Gottes verkündigen, die Sakramente spenden, und er muss darauf achten, dass seine Ortskirche, sein Bistum mit der Weltkirche verbunden bleibt.

Wer die großen Themen kennt, mit denen vor allem die Katholische Kirche derzeit konfrontiert ist, kann sich gut vorstellen, dass das Herkulesaufgaben sind.

 

Hier sind Ursachen oder Zusammenhänge zu finden

Auf dem Synodalen Weg haben Bischöfe und sogenannte Laienkatholikinnen und -Katholiken - also Nicht-Geweihte - in den letzten Jahren gemeinsam über diese Themen beraten: Macht und Gewaltenteilung, Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche, das Priesterbild und die katholische Sexualmoral. Und es sind genau die Themen, die ganz eng mit den Verbrechen sexualisierter Gewalt in der Kirche zusammenhängen. Hier sind Ursachen oder zumindest Zusammenhänge zu finden, die dazu beigetragen haben, dass dieses Unrecht in diesem Ausmaß in der katholischen Kirche passieren konnte. Daran ändern auch die verheerenden Ergebnisse der Aufarbeitungsstudie der Evangelischen Kirche in Deutschland nichts. 

Ich hätte gerne mehr Veränderung

Dazu kommt: In der Katholischen Kirche redet immer auch der Papst mit und seine römischen Behörden. Ein Bischof ist also nicht nur seinen Gläubigen gegenüber verantwortlich, sondern immer auch dem Papst gegenüber - eben der Weltkirche. Und am Ende bestimmt ganz oft eben der Papst, wo es langgeht. 

Die Katholische Kirche, ihre schwierigen Themen und der Papst.

Ich gebe zu: Ich bin oft frustriert, mir geht das manchmal alles viel zu langsam, ich hätte gerne mehr Veränderung. Und jetzt soll die Kirche auch noch politisch sein? 

Manche sagen: Soll die Kirche doch bei ihren Angelegenheiten bleiben, da hat sie genug zu tun. Sie sollte sich aus der Politik raushalten.

Andere sagen: Es ist ihre ureigene Aufgabe, sich mit ihrer Stimme in die Politik einzumischen, eine Position einzunehmen, aus dem christlichen Glauben heraus Haltung und Werte zu vermitteln.

 

Hier steht die Würde auf dem Spiel

Das haben die katholischen Bischöfe vor drei Wochen ganz beherzt und klar getan. Nachdem sich im Januar schon einmal sechs Bischöfe für ostdeutsche Bistümer kritisch und besorgt gegenüber dem wachsenden Rechtspopulismus geäußert hatten, waren sich im Februar bei der Vollversammlung der Bischofskonferenz alle einig: „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar!“ 

Ein starkes Wort. Kein Zaudern, kein Ja, Nein, Vielleicht, sondern ein klares Statement: Wer die AfD wählt, kann keine Christin, kein Christ sein. Zu dieser Überzeugung kommen die Bischöfe in ihrem Papier. Die AfD verortet sich weniger durch ihr Parteiprogramm, sondern mehr durch die tatsächlichen Äußerungen ihrer Mitglieder und Wählerinnen und Wähler zwischen verfassungsfeindlichem Rechtsextremismus und schillerndem Rechtspopulismus, wie es die Bischöfe feststellen. Entscheidender Punkt für die Kirchenmänner: Hier steht die Würde des Menschen auf dem Spiel! 

Gemeinsam aktiv für die freiheitliche Demokratie! 

In dem Papier heißt es weiter: „Für die Kirche aber ist klar: Jeder Mensch besitzt eine unantastbare und unverfügbare Würde. Sie gründet in der Gottebenbildlichkeit aller Menschen und ist die Basis der Menschenrechte.“ Zum Schluss sind die Bischöfe fast kämpferisch, wenn sie betonen: „Die Menschenwürde ist der Glutkern des christlichen Menschenbildes und der Anker unserer Verfassungsordnung. Leisten wir alle Widerstand, wenn Menschenwürde und Menschenrechte in Gefahr geraten! Engagieren wir uns gemeinsam aktiv für die freiheitliche Demokratie!“ 

Das ist gut, da können wir mit

Für dieses Wort haben die Bischöfe viel Zustimmung erhalten, es ist bestärkend für die vielen, die bereits seit Wochen demonstrieren und für Freiheit, Demokratie und Menschenwürde auf die Straßen gehen. Es ist ermutigend für die, die in unserem Land Zuflucht gesucht und gefunden haben, weil ihnen ein menschenwürdiges Leben in ihren kriegs- und krisengeschüttelten Herkunftsländern nicht möglich ist. Viele Christinnen und Christen haben auf ein solches Wort gewartet, und auch die Geschwister der evangelischen Kirche sagen: Das ist gut, da können wir mit. 

"Sie müssen aber auch entlarvt werden"

Ein Gedanke der Bischöfe erscheint mir jedoch in allem auch wichtig: Die Kirche will sich nicht dem Dialog über Positionen oder Probleme dieser Gesellschaft verweigern. „Auch radikale Thesen sollen diskutiert, sie müssen aber auch entlarvt werden“, schreiben die Bischöfe. 

Für Christinnen und Christen sind rechtes Gedankengut und rechte Parteien keine Alternative. Das haben sich die Bischöfe in der Katholischen Kirche mit einem Papier auf die Fahnen geschrieben: „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar!“ heißt es.

Ein großes Programm! Große Aufgaben kommen da auch auf Udo Bentz zu, wenn er heute in Paderborn sein Amt als Erzbischof antritt.

So haben sie es im Treueid versprochen

Aber, und das zeigt das Papier der Bischöfe ja auch: Hier wird konkret, was es heißt: Ein Bischof ist nicht nur seiner Kirche, sondern auch der Gesellschaft und der Verfassung gegenüber verpflichtet, so wie er es im Treueid verspricht. Und es ist ja nicht nur der Bischof, der sich der Gesellschaft und der Demokratie verpflichtet fühlt – es sind auch viele Tausend Christinnen und Christen, die derzeit auf die Straße gehen und demonstrieren, viele gehen in die Auseinandersetzung mit Menschen, die sich rechtspopulistisch äußern, viele setzen sich für die ein, die nach Ansicht radikaler Parteien Menschen zweiter Klasse sind. 

Überall sind sie zu finden, nicht nur im kirchlichen Kontext

Manche tun dies in ihrer täglichen Arbeit. So macht es Ralf Knoblauch zum Beispiel: Er ist Künstler, arbeitet mit Holz und schnitzt daraus Königsfiguren. Seine Könige und Königinnen haben keine prunkvollen Gewänder, sie tragen ihre Krone manchmal auf dem Kopf, manchmal in der Hand, manchmal auf dem Boden neben sich oder hinter sich. Die königlichen Holzfiguren stehen dafür: Jeder Mensch hat eine unverfügbare und unantastbare Würde und sie tragen dieses Thema mittlerweile um die ganze Welt. Überall findet man sie, nicht nur im kirchlichen Kontext, sondern auch in Behörden, Parteizentralen, Flughäfen und Krankenhäusern. Inspiriert dazu haben ihn die vielen Menschen am Rand der Gesellschaft, denen er bei seiner Arbeit als Diakon in Bonn begegnet.

Ich durfte ihn kennenlernen

Ich durfte Ralf Knoblauch kennenlernen. Er hat mir auch von einem Projekt erzählt, das sich gerade wie ein Lauffeuer verbreitet. Auf kleinen Holztäfelchen sind zwei Worte und eine Krone aufgedruckt: „Würde“ und „unantastbar“. Mit diesen Täfelchen gehen er und viele andere, die es ihm gleichtun, mit Menschen ins Gespräch, überall da, wo die Würde des Menschen herausgefordert wird oder in Frage steht. 

Das sind gute Nachrichten, finde ich, da entsteht Zusammenhalt, das hat Wirkung: in unsere Kirche, in unsere Gesellschaft hinein. Überall muss gelten: Die Würde jedes einzelnen Menschen ist unantastbar.

 

 

 

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