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Der Elefant im Raum
Bild: unsplash / Kaffebart

Der Elefant im Raum

Klaus Nobiling
Ein Beitrag von Klaus Nobiling, Evangelischer Pfarrer im Kirchspiel Lichtenfels-Goddelsheim
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Ich unterhalte mich mit Freunden über die deutsche Fußballnationalmannschaft, und deren letzte Spiele. Sie hat im Juni gegen Kolumbien 2 zu 0 verloren. 
Wir sind enttäuscht. Wir versuchen die schlechte Leistung zu begründen: Das Wetter, die anstrengende Saison, der Spielplan, die Motivation. 

„Die können es momentan einfach nicht besser!“

Da sagt plötzlich Jürgen: „Kann es einfach sein, dass die genauso spielen, wie sie können? Die können es momentan einfach nicht besser!“

Schweigen im Raum. Endlich sagt es mal einer, denke ich, obwohl ich diese Meinung nicht einfach so geäußert hätte. 

Mut haben was auszusprechen

Manchmal muss etwas gesagt werden, was sich sonst keiner traut auszusprechen. 

In der englischen und russischen Sprache gibt es für solche Situationen die Redewendung: „Da ist ein Elefant im Zimmer!“

Das bedeutet: Etwas ist eigentlich jedem klar, man kann die Wahrheit nicht übersehen, so wenig, wie man einen Elefanten in einem Zimmer übersehen kann. Aber: Keiner traut sich das zu sagen, aus Angst man könnte jemanden verletzen. 

Momente, in denen es schwerfällt, die Wahrheit zu sagen

Beim Fußball ist das ja ungefährlich. Schwieriger wird es, wenn große Wahrheiten angesprochen werden müssen: Etwa eine Kritik. Oder – schlimmer – eine Trennungsabsicht. Wenn man Mutter sagen muss, dass ein Altenheim jetzt doch wirklich die bessere Lösung für den Alltag wäre. 

Alles Momente, in denen wir zögern und Angst haben, die Wahrheit zu sagen. 

Wann es leichter wird

Selbst Jesus ging das so. Er drängte die Menschen dazu, große Wahrheiten selbst auszusprechen (Mt. 26,25  Lk. 23,3) um dann zu sagen: „DU sagst es!“ Damit brachte er es für alle auf den Punkt: Wenn etwas Schwieriges gesagt ist, wird es einfacher. Das Problem wird ansprechbar – und damit oft genug lösbar und heilbar. 

Mit diesem Verhalten hilft er mir auch heute noch, besonders dann, wenn es um mehr geht als die Leistung unserer Nationalmannschaft! 
 

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