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Damit Gottes Licht durchscheint!
Bildquelle: pixabay

Damit Gottes Licht durchscheint!

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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Ich mag bunte Glasfenster. Besonders in Kirchen tauchen sie den Raum in besonderes Licht. Vor kurzen war ich mal wieder in der Sankt-Stephanskirche in Mainz, das blaue Licht der Fenster von Marc Chagall schafft eine ganz eigene, besondere Atmosphäre. Als ich in die Kirche reinkam, ist mir kurz die Luft weggeblieben, so schön war das.

Das Glasfenster hat viele Diskussionen ausgelöst

Viele Menschen kennen auch das wunderbare bunte Glasfenster von Gerhard Richter im Kölner Dom, viele kleine farbige Felder. Das Fenster hat, als es eingebaut wurde, viele Diskussionen ausgelöst und hüllt seitdem, je nach Lichteinfall, die ehrwürdigen alten Mauern in bunte Farben.

Noch mehr Respekt vor der Kunst der Glasmalerei

Seit ich vor ein paar Jahren eine Glaskunstwerkstatt im Taunus besuchen und besichtigen durfte, habe ich noch mehr Respekt vor der Kunst der Glasmalerei und bin noch faszinierter davon. Und genau wie in der klassischen Malerei: jeder Künstler, jede Künstlerin hat einen eigenen Stil!

Es freut mich, in eine Kirche zu kommen, die bunten Fenster zu sehen und manchmal direkt erraten zu können, wer sie geschaffen hat.

Die Szenen der Dreikönigsgeschichte haben etwas Comicartiges

Einer der Glaskünstler, deren Werke mir besonders gefallen, ist Charles Crodel. Heute vor genau 50 Jahren ist er gestorben, am 28.11.1973. Er hat weltweit, aber vor allem in Deutschland bunte Fenster gestaltet, auch in Hessen, zum Beispiel in einigen evangelischen Kirchen in Frankfurt, in Friedberg und in Alsfeld. Und er hat seinen ganz eigenen Stil: Mir gefallen zum Beispiel die Kirchenfenster in der Dreikönigskirche in Frankfurt-Sachsenhausen mit den vielen kleinen Szenen aus der Dreikönigsgeschichte. Sie muten fast ein bisschen comicartig an.

Seine Kunst galt bei den Nationalsozialisten als „entartet“

Als ich vor kurzen in Hildesheim war, kam mir der Stil einiger Fenster in der dortigen Michaeliskirche bekannt vor, und richtig, die Fenster waren auch von Charles Crodel entworfen. Eigentlich hieß der Künstler ja Carl, aber da die Familie bei seiner Geburt 1894 in Marseille lebte, hat er wohl den französischen Rufnamen seiner Kindheit beibehalten.

Und Charles Crodel war unglaublich vielseitig. Er arbeitete als Wand- und Glasmaler, als Mosaikkünstler, außerdem mit Porzellan, Email und Textilien. Zudem hat er auch noch unterrichtet. Und es verwundert nicht, dass seine Kunst den Nationalsozialisten als „entartet“ galt. Wichtige Werke wurden von den Nazis zerstört. Die Glasfenster in Frankfurt sind alle nach dem Krieg entstanden.

Gottes Licht möchte durch uns Menschen scheinen

Ich kann mich für schöne farbige Fenster nicht nur begeistern, sie sind für mich auch spirituell wichtig: Ich stelle mir vor: Gottes Licht, das Licht der Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Liebe, möchte durch uns Menschen scheinen.

Ich glaube, Gott braucht uns Menschen, um in der Welt zu wirken – und jede und jeder von uns ist anders und bringt andere Fähigkeiten und Möglichkeiten mit, sozusagen eine eigene Farbe, Tönung und Form.

So wie die kunstvollen Glasfenster die Räume in buntes Licht tauchen

Aber es ist Gottes Barmherzigkeit, Gottes Gerechtigkeit und Liebe, die wie das Sonnenlicht durchscheinen möchte; so wie die künstlerischen Glasfenster, die die Räume in buntes Licht tauchen und erhellen.

Das ist für mich eine moderne Definition des traditionellen Begriffs „heilig“: durchlässig für Gottes Licht.

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