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Wie sieht es aus, wo unsere Toten sein werden?
GettyImages/Selim Dönmez

Wie sieht es aus, wo unsere Toten sein werden?

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
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Wie sieht es aus, wo unsere Toten sein werden? Morgen ist Totensonntag. In den Gottesdiensten der evangelischen Kirche werden die Namen der Verstorbenen laut ausgesprochen und erinnert. Zuweilen wird der Tag auch Ewigkeitssonntag genannt, denn die Erinnerung an die Toten lässt einen in die kommende Ewigkeit blicken.

Wie sieht der Himmel aus?

Ich frage mich: Wie sieht es wohl aus, wo unsere Toten sein werden? Dazu wandern meine Gedanken zurück in den Hochsommer. Ich sitze mit einer Familie in Eschborn am guten Esstisch. Der 95-Jährige Herbert, Vater der Familie ist gestorben und wir bereiten gemeinsam die Trauerfeier vor. Dabei blicken wir raus in den Garten, den er angelegt hat. Wenige Tage zuvor hatte er noch von einer Liege auf der Terrasse aus in den Garten geschaut. Die Schwiegertochter sinniert: „Wo mag er jetzt wohl liegen?“ Ihr Partner wirft ein: „Das kann keiner wissen. Auch die Kirche hat da viel zu viele Behauptungen.“ Seine Schwester meint: „Himmel. Wie auch immer das aussieht. Keine Ahnung. Aber wenn Herbert da ist, gibt’s da Äppelwoi. Da bin ich sicher.“

Jeder hat eine andere Vorstellung von dem Ort, wo die Toten sein werden

Der Ehefrau des Verstorbenen scheint die Frage nicht zu behagen. Ich greife kurz ein: „Ich glaube auch, dass wir nicht wissen können, wie der Himmel aussieht - oder wie immer man das nennen mag. Und die Bibel kann dazu wenig sagen, weil darin lebendige Menschen von ihren Hoffnungen und Erfahrungen mit Gott erzählen. Aber vielleicht können wir uns darüber austauschen, welche eigenen Vorstellungen wir haben. Wie könnte er aussehen, der ‚Himmel‘, jedenfalls der Ort, von dem wir hoffen, dass dort ‚Herbert jetzt bei Gott ist‘.“ 

"Unser Garten war sein Himmel."

Herberts Frau nickt zustimmend und erzählt: „Wenn ich meinen Mann gesucht habe, habe ich ihn gefühlt immer im Garten gefunden. Herbert hatte einen klaren Plan: Für jede Jahreszeit musste was im Garten sein. Falls wir uns doch mal wieder selbst versorgen müssten. Unser Garten war sein Himmel.“

Die Erzählung vom Paradiesgarten

Ich streue die Erzählung vom Paradiesgarten ein:  der Garten Eden. Ich stelle mir Herbert dort vor. in einem paradiesischen Garten mit satten Bäumen voller Obst und grünem Blattwerk, mit bunten Schmetterlingen und sicherlich einigen Paradiesvögeln. Ein Ort ohne Schmerzen, ohne Weinen, ohne Ärger. Denn wir werden vor diesem Ort abgelegt haben, was uns an Schuld und Trauer belastet hat.

Die Schwiegertochter malt das Bild weiter: „Herbert wird dort sicher Himbeeren anpflanzen, Frühkartoffeln und einen Quetschgenbaum.“ Herberts Ehefrau ergänzt: „Also, wenn das so ist, dann liegt Herbert dort ausnahmsweise mal auf dem Liegestuhl, hat Benno, seinen Hund neben sich und auf einem Tischchen ein Glas Äppelwoi.“

Ich weiß nicht, wie es im Himmel aussieht. Aber es hat der Familie und mir gutgetan, dieses Bild vom Paradiesgarten vor Augen zu haben.

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