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Gottes Friede atmet in uns
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Gottes Friede atmet in uns

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
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„Gottes Friede atmet in uns“. Mit diesem Satz beginne ich im Moment meinen Morgen. Denn gerade morgens erfasst mich tiefe Angst um diese Welt. Ich brauche etwas Stärkendes, das mir hilft mit dieser Angst umzugehen. Sie soll nicht mein innerstes Lebensgefühl werden.

Die Suche nach einem Gefühl von bleibendem Frieden

Bevor ich mein Tagewerk beginne, brauche ich ein Gefühl von bleibendem Frieden in mir, zumindest von Stabilität angesichts der Welt. Vielen Menschen in meinem Umfeld ergeht es ähnlich und sie haben eigene Lösungen für sich gefunden. Sie engagieren sich in Bürgerinitiativen oder Vereinen und finden dabei Anschluss an Menschen, die ähnliches umtreibt. Eine Bekannte schützt sich, indem sie weniger politische Nachrichten hört und schaut. Andere suchen gezielt nach positiven Nachrichten und friedlichen Tagesbotschaften.

Mir ist es wichtig, diese Stabilität in mir selbst zu haben, um sie dann weiterzugeben. Denn ich möchte nicht noch mehr Verunsicherung in die Welt tragen. Aber wie kriege ich das hin?

"Shalom" bedeutet viel mehr als nur "Frieden"

„Frieden“ heißt auf Jüdisch „Shalom“ und meint mehr als die Abwesenheit von Krieg, vielmehr so etwas wie Unversehrtheit, Wohlbefinden, leben und wohnen können ohne Bedrohung, sich entfalten können, ein langes und erfülltes Leben mit Freude führen. In der jüdischen Kultur wird „Shalom“ als Gruß verwendet: „Friede sei mit Dir!“ Wie wird nun aus diesem äußerlichen Gruß ein inneres Gefühl?

Aufs Atmen konzentrieren kann helfen

Ich erinnere mich an eine weise Frau, die mir in allen Lebenslagen riet, mich auf das Atmen zu konzentrieren. „Christine, atme Dich da durch!“ Ich nehme wahr, wie die Luft von selbst aus mir herausströmt. Nach einer Pause zieht sie wieder in meinen Brustkorb hinein und in meinen Bauch. Dabei weitet sie alle inneren Grenzen, Muskeln und Rippen, dehnt mich aus.

Gottes Friede atmet in den atmenden Menschen

Ich atme ein und stelle mir vor, ich könnte Gottes Frieden in mich hineinatmen: wie dieser Friede meine inneren Grenzen weitet und meine Körperzellen durchdringt. Beim Ausatmen stelle ich mir vor, wie Gottes Friede bei den Menschen ist, die mir am Herzen liegen, wie Gottes Friede sich durch die Herzen der Welt verteilt. Sie atmen Friede ein wie ich und verbreiten in ihrer Haltung Friede an andere. Gottes Friede atmet durch viele Seelen dieser Welt und zieht in ihren Körpern ein. Viele sind darin längst verbunden. Gottes Friede atmet in den atmenden Menschen.

„Frauen für den Frieden“

In einer Fernseh-Reportage habe ich gesehen, wie sich junge „Frauen für den Frieden“ engagieren: Jolina und Louisa absolvieren ein Freiwilliges Jahr in Nordirland, Annegret arbeitet beim „Netzwerk Friedenskooperative“ in Bonn. Motiviert sind sie dazu, weil sie selbst in der Schule erlebt haben, wie hilfreich Sozialarbeit sein kann.  Oder weil sie bei ihren Eltern erlebt haben, dass man politisch und gleichzeitig friedlich sehr unterschiedlicher Ansicht sein kann. Oder weil ihr Glaube sie dazu motiviert.

Frieden kann Menschen verbinden

Ich stelle mir vor, wie der Friede auch in ihnen atmet. In den einen mag es Gottes Friede sein, andere finden ihren Frieden sicher anders. Aber Friede atmet in ihnen und weitet sich von ihnen aus in ihre Umgebung.

Ich stelle mir vor, wie der Friede ganz viele Menschen auf der Welt verbindet. Und ich hoffe, dass es immer mehr werden. Dafür spreche und fühle ich meinem Satz am Morgen, der mich für den Tag stark macht: Gottes Friede atmet in uns.

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