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Höhen und Tiefen

Höhen und Tiefen

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Wer heute in einen katholischen Gottesdienst geht, hört den Satz: „Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ (Lk 14,11). Ein bisschen klingt darin an „Die Ersten werden die Letzten sein“ (Mt 20,16) – das kennen einige vielleicht noch als Redensart.

Am Gedenktag des Heiligen Karl Borromäus klingt das für mich wie eine aktuelle Mahnung. Der Heilige lebte im 16. Jahrhundert und stammte aus einer superreichen Familie, sein Onkel war Papst und er selbst schon mit 21 Jahren Geheimsekretär – also sehr privilegiert. Die besten Plätze bei einer Einladung waren ihm sicher. 

Sich für den Nächsten einsetzen

Mit 24 Jahren kam die radikale Wende. Karls Bruder starb und gleichzeitig kam er in Kontakt mit Ignatius von Loyola. Dieser Theologe und Gründer des Jesuitenordens beeinflusste ihn wohl stark. Karl führte jetzt ein asketisches Leben und setzte sich für die Reformbestrebungen des Tridentinischen Konzils ein.

Vielleicht hat Karl in dieser Zeit begriffen: Ich stehe auf einem Sockel von Privilegien, aber ich setze mich zu wenig für die Bedürfnisse meiner Mitmenschen ein. Und das ist es ja schließlich, was ein gläubiger Christ tun soll: sich für den Nächsten einsetzen. 

Man sollte es nicht übertreiben

Karl Borromäus war klug und gebildet und hatte offenbar auch genug Weitsicht. So hat er nicht nur Reformthemen angepackt, sondern als Bischof auch Vorkehrungen gegen die Pest in Mailand getroffen.

Sich nicht selbst erhöhen – ich finde, das kann auch eine gute Mahnung in der modernen Welt sein: Natürlich muss ich meine Talente und Fähigkeiten beschreiben und vielleicht – je nach Beruf – auch werbend auf mich aufmerksam machen. Aber ich finde, dabei sollte man es nicht übertreiben. 

Nicht auf einen Sockel stellen

Aber auch das Gegenteil ist nicht richtig: Wenn ich mein Licht ständig unter den Scheffel stelle und mich erniedrige, helfe ich damit auch niemandem. Gerade gegenüber Frauen wurde dieses Zitat oft dahingehend missbraucht.

Ich denke: Es geht Jesus um Ehrlichkeit und um eine richtige Selbsteinschätzung. Ich soll mich nicht in den Vordergrund drängen oder eine Ehre einfordern, die mir nicht zusteht. An einer anderen Stelle in der Bibel sagt Jesus: „Wer der Erste sein will, soll … der Diener aller sein.“ (Mk 9,35) Das macht für mich noch mal mehr deutlich, was Jesus meint: Ich soll mich mit meinen Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft stellen – und nicht auf einen Sockel! 

Auf dem Boden der Tatsachen

Heute wünsche ich mir, dass besonders alle Kleriker und Würdenträger diesen Satz genau hören und er ihr Herz erreicht. Ich wünsche mir auch: Alle Gläubigen sollen diesen Satz verstehen und nicht aus falsch verstandenem Respekt vor der Hierarchie Menschen auf ein Podest heben.

Sich nicht auf einen Sockel stellen: Der Heilige des Tages, Karl Borromäus, hat das offenbar verstanden. Und auch ich will das beherzigen: mich weder selbst erniedrigen noch erhöhen, sondern meine Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Auf dem Boden der Tatsachen und auf Augenhöhe.

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