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Was brauchst du wirklich?
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Was brauchst du wirklich?

Sabine Müller-Langsdorf
Ein Beitrag von Sabine Müller-Langsdorf, Evangelische Pfarrerin, Zentrum Oekumene, Frankfurt
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Die Bibel erzählt von einem jungen König, der alles hatte: Wohlstand, Klugheit, eine gute Herkunft und ein Volk, das ihn ehrte. Salomo heißt der König.

„Was willst du, dass ich dir gebe?“

Des Nachts erscheint ihm Gott im Traum und fragt, wie im Märchen: „Was willst du, dass ich dir gebe?“  Man könnte sagen, das ist eine überflüssige Frage an Einen, der auf der Sonnenseite des Lebens steht. Aber im Traum und gegenüber Gott kann Salomo ehrlich sein. Muss nicht glänzen, sichern, abwägen, königlich Haltung wahren. Salomo hört in sich und hört Gottes Frage so: was brauchst du wirklich?

Ein verständiges Herz, um zu wissen, was gut oder böse ist

Salomo wünscht sich von Gott ein verständiges Herz. Mit einem verständigen Herzen verbindet er, dass er zu verstehen vermag, was gut und böse ist. Noch im Traum ist er offenbar Realpolitiker genug, um zu wissen: Es gibt Gut und Böse. Menschen sind zu beidem fähig. Wir können lieben und heilen, wir können zerstören und morden. Und Gott hat den Menschen die Freiheit des Handelns gegeben. Was ist gut, was ist böse?

Salomo möchte eine Gerechtigkeit, die sich am Wohl von Menschen orientiert

Salomo bittet um das verständige Herz. Zum Verstehen gehört das Zuhören, das Durchdringen komplexer Sachverhalte oder menschlicher Motive für ein Handeln. Das Abwägen und Nachfragen, das genaue Beobachten und der weite Blick: wem dient was, wann, warum und wie? Für Salomo folgt aus dem Verstehen das rechte Richten. Eine Gerechtigkeit, die sich am Wohl von Menschen orientiert. So möchte Salomo König sein. Verantwortlich zum Wohl der Menschen, mit diesem Wunsch wurde er zum Sinnbild einer weisen Regierung.

Was brauche ich wirklich?

Ich denke darüber nach, was ich antworten würde auf die Frage: „Was willst du, dass ich dir gebe?“  Was brauche ich wirklich? Fast reflexartig denke ich zuerst an Kinder und Enkel, an die Gesundheit und das Wohlergehen in der Familie. An mich und meine Belange also. Erst im zweiten Nachdenken nehme ich in den Blick, was mindestens genauso zählt: das Zusammenleben, Begegnung, ein gutes Miteinander. Das geht über die Familie hinaus, gilt in der Nachbarschaft, im Verein, an der Arbeit, im politischen und sozialen Miteinander. Überall dort ist gefragt, was Salomo sich wünscht: ein verständiges Herz. Einander zuzuhören, respektvoll und ohne Scheuklappen. Zugleich achtsam da, wo Menschen andere schlechtmachen, ausschließen, diskriminieren. Salomo wusste: auch das können wir. Leider.

Ja, ein verständiges Herz ist ein weiser Wunsch. Und Gottes Frage „Was brauchst du wirklich?“ will ich mitnehmen in meinen Tag, vielleicht davon träumen in der Nacht.

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