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Engagement
Bild: Pexels / RF Studio

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Katrin Wienold-Hocke
Ein Beitrag von Katrin Wienold-Hocke, Evangelische Pröpstin, Sprengel Kassel
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Solène ist eine Frau von vierzig Jahren. Sie sitzt in einer schicken Drei-Zimmer Wohnung in Paris auf dem Sofa und dämmert tagelang vor sich. Nur mit der Hilfe von Tabletten kann sie morgens aufstehen und abends schlafen.

Solene leidet unter Burnout

Burn-Out hat der Psychiater diagnostiziert. Solène ist Anwältin, hat früh Karriere gemacht und einfach zu viel gearbeitet. Belastendes kam dazu: ihr Partner, mit dem sie vermeintlich glücklich zusammenlebte, hat sie plötzlich verlassen. Ein verlorener Gerichtsprozess hat dazu geführt, dass ihr Mandant sich vor ihren Augen in den Abgrund stürzt…

Der besondere Rat ihres Psychiaters

Arbeiten kann sie so nicht. Zu ihrer Verblüffung schlägt der Psychiater vor, dass sie sich ein Ehrenamt sucht.

Er sagt: „In solchen Situationen hilft es, sich selbst aus dem Fokus zu nehmen, sich anderen Menschen zu öffnen, man muss wieder einen Grund finden, morgens aufzustehen. Sich nützlich zu fühlen, sich für eine Sache zu engagieren, anderen zu helfen, könnte einer sein.“

Ähnliche Gedanken finden sich in Texten von Luther

Der Rat des Psychiaters nimmt die große innere Leere ernst, die Menschen im Burnout spüren. Ähnliche seelsorgerliche Gedanken finde ich auch bei Luther. Er beschreibt den in sich selbst verkrümmten Menschen, der sich verzweifelt müht, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Er scheitert jämmerlich, weil er vor seinem inneren Gerichtshof nicht bestehen kann.

„Nimm dich aus dem Fokus“. Der Psychiater rät Solène zum Handeln.

„Such Dir ein Ehrenamt“

Such dir ein Ehrenamt. Eine sinnvolle Tätigkeit. Hinter diesem Rat vermute ich die therapeutische Methode, die der jüdische Arzt Viktor Frankl nach seinen grauenvollen Erfahrungen in Konzentrationslagern entwickelt hat. Manche Menschen haben selbst unter diesen Umständen ihre seelische Gesundheit bewahrt, weil sie Sinn in ihrem Leben gefunden haben. Dass sie andern beistehen konnten und Gutes tun, hat sie selbst stabilisiert.

Solène engagiert sich im „Haus der Frauen“

Solène übrigens hat ihre Aufgabe gefunden, im „Haus der Frauen“, einer Einrichtung für obdachlose Frauen in Paris. Sie hat dort Briefe geschrieben für die Frauen, amtliche und auch sehr persönliche. Wie Solène darüber wieder Lachen, Weinen und Leben gelernt hat, ist sehr anrührend nachzulesen in dem Roman von Laetitia Colombani: Das Haus der Frauen.

Einsatz für andere, stärkt auch den, der hilft

Zeit und Kraft für andere einsetzen. Vor ein paar Wochen habe ich es auch erlebt, als Hagel und Sturm Bäume umgestürzt und Keller überflutet haben. Da waren Feuerwehren im Dauereinsatz und Nachbarn mit der Kreissäge unterwegs, die selbstverständlich zugefasst – und hinterher noch beim Kaffee oder Bier zusammengesessen haben. Was für ein Gewinn an Gemeinschaft und Lebensfreude für Alle.

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