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Marie Behre
Bild: medio.tv / Socher

Marie Behre

Katrin Wienold-Hocke
Ein Beitrag von Katrin Wienold-Hocke, Evangelische Pröpstin, Sprengel Kassel
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Die weißen Häubchen und blau gepunkteten Kleider der Diakonissen sind in Kassel nur noch selten zu sehen. Ihr Krankenhaus aber heißt für die meisten noch das Diakonissenkrankenhaus. „Unser Gott ist ein Gott der Ordnung“, höre ich eine strenge alte Oberschwester sagen. Unglaublich viele Menschen erzählen von fröhlichen, dankbaren Erinnerungen an die Frauen, die ganz für die Nächstenliebe gelebt haben. 

Marie Behre will Diakonisse werden

Besonders beeindruckt mich die Geschichte der ersten Oberin des Kasseler Diakonissenhauses. Marie Behre ist 1840 geboren und fühlt sich schon mit 15 zur Diakonisse berufen. Sieben Jahre lang bearbeitet sie ihren Vater. Dann endlich gibt er die Erlaubnis: Sie darf Diakonisse werden und das Lehrerinnenseminar in Kaiserswerth besuchen. Mit großer Begeisterung arbeitet sie als Lehrerin an einer Mädchenschule in der Türkei.

Zur Oberin wird sie dank einer Liebesgeschichte

Dass sie dann Oberin am kurhessischen Diakonissenhaus wird, verdankt sich einer wunderbaren Liebesgeschichte.

Marie muss aus Smyrna wieder heimfahren, weil ihre Mutter an Typhus erkrankt ist. Die Mutter stirbt, und Marie bleibt schweren Herzens zu Hause. Sie muss sich um den Vater und die Geschwister kümmern. Dann aber verliebt sich der Vater – in eine Freundin seiner Tochter, die auch Diakonisse ist, und Oberin dazu. Jeannette Odenwald heißt sie.

„Übernimm du doch meine Aufgabe“, bittet Jeannette Marie. Dann weiß ich die Schwestern in guten Händen und kann deinen Vater heiraten. Keine leichte Entscheidung für Marie. Doch am Ende sagt sie Ja.

Unter ihrer Leitung blüht das Diakonissenhaus auf

Fast 50 Jahre lang ist sie dann Oberin. Unter ihrer Leitung wächst das Diakonissenhaus zu einer großen Einrichtung heran, mit Krankenhäusern und Gemeindestationen, Erziehungsheimen und mehr als 200 Schwestern. Die Chronik von 1915 beschreibt ihren Führungsstil überraschend modern - und so sympathisch! Halbheiten sind ihr zuwider, heißt es, sie wird als impulsiv und spontan beschrieben. Es kommt aus ihrem tiefen Herzen, dass sie sich allen, die ihr begegnen, besonders den Mitarbeiterinnen, liebevoll und aufmerksam zuwendet.

Was sie besonders auszeichnet

Wörtlich heißt es: „Sie hatte eine besondere Begabung, auch mit kleinen Dingen Freude zu bereiten und vergaß darin niemand.“ 

Wenn sie jemandem Unrecht getan hat, lässt ihr das keine Ruhe. Sie geht von sich aus auf die andere zu, und sei es die jüngste unter den Schwestern. Durch ihr Gottvertrauen kann sie Kranke und Leidtragende trösten. Mit einem Schmunzeln lese ich in der Chronik: „Sie liebte schön ausgebaute Gottesdienste und hatte wie alle Frauen Vorliebe für alles, was sich auf das Gefühl einwirkt. Sie konnte aber ein Christentum, das in den Gefühlen steckenbleibt, durchaus nicht vertragen.“

Eine große Schwester! Möge sie nicht vergessen werden!

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