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Ökologisch Urlaub machen
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Ökologisch Urlaub machen

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Der Sommer ist Reisezeit für viele. Wenn ich sehe, welche Urlaubsfotos mein Bekanntenkreis veröffentlicht, träume ich mich auch gerne weit weg: Teneriffa, Lanzarote, Südafrika, Kanada. Spektakuläre Landschaften, strahlende Sonne, Strand. Schon in wenigen Flugstunden kann man viele Kilometer zurücklegen und den Alltag weit hinter sich lassen.

Mehr als zehn Tonnen Kohlendioxid verbraucht jeder Mensch in Deutschland jährlich

Und doch: Wenn Bekannte erfüllt berichten von ihrem letzten Kurztrip nach London oder mit dem Flieger in die Provence, wird mir mulmig zumute. Mehr als zehn Tonnen Kohlendioxid verbraucht jeder Mensch in Deutschland jährlich. Eine klimaverträgliche Menge liegt geschätzt bei nur 1,5 Tonnen CO2 pro Jahr, also gerade einmal 15% davon. Ein einziger Flug innerhalb von Europa frisst schon über die Hälfte des jährlichen CO2-Budgets auf, ein Überseeflug weit mehr.[1]

Mit anderen über die Bauchschmerzen bei Urlaubsreisen reden

Wie soll ich damit umgehen? Spielverderberin sein und meine Umwelt mit dem Zeigefinger auf ihre „Umwelt-Schandtaten“ hinweisen? Oder einfach den Mund halten und meinen Unmut runterschlucken? Beides kommt mir falsch vor. Also fange ich an, über meine Bauchschmerzen bei Urlaubsreisen zu reden, mit Menschen, die mir nah sind.

Ausgleichszertifikate kaufen?

Meine Cousine war vor einigen Wochen in New York – auf Kurzurlaub. Ich frage sie: „Hattest du kein schlechtes Gewissen, für ein paar Tage so weit zu fliegen?“ Sie antwortet: „Natürlich habe ich ein schlechtes Gewissen. Aber ich habe ein Ausgleichszertifikat gekauft. Ich habe über einen Rechner ausgerechnet, welche Menge an CO2-Emissionen durch meine Reise freigesetzt wird. Mit meinem Geld unterstütze ich Klimaschutzprojekte, die die gleiche Menge CO2 binden oder vermeiden, also etwa das Pflanzen von Bäumen.“ Ich forsche nach. Oft funktionieren die Klimaprojekte zum Ausgleich nicht so gut wie versprochen. Außerdem gibt es einige unseriöse Anbieter. Meine Cousine weiß natürlich auch: Ein Ausgleichszertifikat löst das Problem nicht.

Regeln fürs Urlauben

Mit ein paar Freundinnen sitze ich zusammen und diskutiere. Am Ende stellt jede für sich Regeln auf:
Ich will nur selten fliegen. Seltener fliegen bedeutet auch, längere Zeit am Urlaubsziel zu bleiben, also weniger Kurzurlaube.
Ich will mehr Urlaub in der Nähe machen. Am Edersee zum Beispiel oder am Kühkopf. Das sind Erholungsgebiete hier in Hessen. Und stehen für diesen Sommer auf meinem Plan.
Ich schaue nach Reisezielen, die ich mit der Bahn erreichen kann. Mit einem Nachtzug komme ich bequem nach Rom, Stockholm oder Kroatien.

Und ganz wichtig für mich: Bloß nicht neidisch werden auf die Urlaube von anderen. Ich mache das für Gottes wunderbare Schöpfung und für die Generationen, die noch kommen.

 

Hintergrund-Infos:
https://utopia.de/reisen/
https://utopia.de/ratgeber/urlaubsplanung-2023-vermeide-unbedingt-last-chance-tourism/
https://utopia.de/ratgeber/5-nachtzugverbindungen-zu-schoenen-zielen-in-europa/
https://utopia.de/ratgeber/nachhaltig-reisen-oeko-reiseportale/

Jaqueline Albers, Gute Reise – Handbuch für nachhaltiges Reisen, ISBN: 978-3-96348-017-1,
Preis: 22,00 Euro

 


[1] Eine Person im Reisebus produziert 37 Gramm CO2 pro Kilometer, im Flugzeug 271 Gramm (Quelle: UBA). Bei 1.600 Kilometer Flugreise von Berlin nach Mallorca fallen 0,3 Tonnen CO2 an, mit Rückflug schon 0,6 Tonnen (Rechner: Myclimate). Bei einem Flug hin und zurück nach Australien (gemeinsam circa 32.200 Kilometer) sind es schon etwa 5,7 Tonnen. Siehe https://utopia.de/ratgeber/fliegen-co2-kompensation-ausgleich/

 

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