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Tapetenwechsel
Bild: pexels / Nataliya Vaitkevich

Tapetenwechsel

Helmut Wöllenstein
Ein Beitrag von Helmut Wöllenstein, Evangelischer Pfarrer, Marburg
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Neulich im Baumarkt. Ich höre mit, was zwei Studentinnen neben mir reden. Eine zieht gerade neu ein. „Wie mache ich das jetzt? Die Raufaser streichen wäre am einfachsten. So ein helles türkis? Nein, das ist zu grell. Oder Tapete? Tapete hatten wir nie zu Hause. Ist aber auch spießig. Und teuer… Oder soll ich einfach alles so lassen?“

Bücher mit Tapetenmustern 

Ich fühle mich zurückversetzt in meine Kindheit. Ich stamme aus einer Handwerkerfamilie. Mein Vater war Malermeister. Damals gab es noch Tapetenbücher, große schwere Dinger mit Original- Tapetenmustern zum Aussuchen. 50 mal 60 cm groß, etliche Kilo schwer. Ich musste sie ins Dorf bringen. Mit dem Stoßkarren. Die Leute suchten sich etwas aus. Dann kam mein Vater, manchmal nahm er mich mit.

Worum es in den Kundengesprächen ging

Und er sprach mit den Kunden. „So, was habt ihr euch denn ausgesucht? Eher hell oder eher dunkel? Wann seid ihr überhaupt in dem Zimmer, zu welcher Tageszeit, mit welcher Stimmung?“ So kamen oft Gespräche zu Stande, die ins Familiäre gingen und eher in die Seelsorge gehörten. „Hier in dem Zimmer hat der Opa bis zuletzt geschlafen. Dann ist er gestorben. Nach 45 Ehejahren. Zur Silberhochzeit haben wir zuletzt neu tapeziert. Ich habe erstmal alles so gelassen. Es riecht auch immer noch nach ihm. Als ich in den ersten Wochen reinkam, dachte ich, er spricht zu mir. Aber jetzt brauche ich ein Gästezimmer. Das muss frisch gemacht werden.“

Der symbolische Tapetenwechsel

Tapetenwechsel. Das Wort kennen die meisten aus anderen Zusammenhängen. Sie denken an einen schönen langen Urlaub, in dem wir andere Luft atmen und andere Gesichter sehen. Aber es kann auch echt um eine neue Wohnung gehen nach einem Umzug etwa. Oder darum, die alte Wohnung neu zu machen, weil sich das Leben ändert. Ein Partner ist gegangen oder ein neuer Abschnitt beginnt, weil Kinder ausgezogen sind. Was brauche ich wirklich? Was muss ich aufräumen? Wovon will ich mich trennen? Die alten Wände übertünchen, das geht schnell, - aber vielleicht muss ich etwas umbauen, eine neue Wand ziehen oder eine Tür brechen.

Wie der innere Tapetenwechsel gelingen kann

Der innere Tapetenwechsel kann tief gehen. Und er kann auch schief gehen. Die Bibel hält das für eine Glaubenssache, dass bei uns ständig etwas neu wird. Sie sagt auf der einen Seite: „Macht euch ein neues Herz und einen neuen Geist“ (Hes.18,31). Die Initiative liegt also bei uns, wir sollen es angehen. Das wird uns zugetraut. Aber es bleibt auch immer anspruchsvoll, wirklich einen Schnitt zu machen, Beziehungen zu beenden, neue Kontakte zu knüpfen, nicht weiter in den alten Gefühlen zu wühlen, sondern entschlossen nach vorne zu gehen.

Zuspruch und Rückenwind sind nötig

Dazu macht uns die Bibel Mut. Von Gott selbst kommt Zuspruch und Rückenwind: „Siehe ich mache alles neu“ (Offb.21,5) heißt es da zum Beispiel. Oder: „Ich gebe euch einen neuen Geist und ein neues Herz“ (Hes.11,19) Das ist wahrhaftig mehr als die Tapete.

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