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Offene Kirchen
Bild: Jens Haupt

Offene Kirchen

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Im Urlaub gehe ich gern in fremde Kirchen. Es ist immer wieder eine Überraschung, wie so ein Kirchenraum wirkt. Ich betrete den Raum durch eine schwere Tür und höre zuerst die Stille. Der Straßenlärm von draußen, die Geräusche eines betriebsamen Lebens im Viertel, bleiben hinter mir. 

Einen Kirchenraum erleben

Meine Augen gewöhnen sich an das andere Licht. Die Sonnenstrahlen werden durch die Fenster begrenzt und in den Raum gelenkt. Je nach Tages- und Jahreszeit fällt das Licht spärlich oder gleißend ein. Ich sehe, wie hoch oder gedrungen der Innenraum ist. Ich suche mir einen Weg tiefer in den Raum. Ich möchte nach vorne. Den Kirchenraum ganz entdecken. Erst nach einer Weile gehe ich leise durch die Reihen. Ich nehme den Geruch wahr. Manchmal modrig, staubig. In römisch-katholischen und orthodoxen Kirchen rieche ich noch Reste von Weihrauch. 

Entdecken und Ruhe finden

Erst jetzt sehe ich Altarbilder, Statuen und Ikonen. Ich versuche bekannte Figuren der Bibel und der Kirchengeschichte wiederzuerkennen. Dann suche ich mir einen Platz. Die Stille, manchmal auch die kühle Luft und das besondere Licht, lassen mich zur Ruhe kommen.

Im Kirchenraum an andere denken

In dieser Ruhe gehen meine Gedanken zu den Menschen, die mir nahe sind. Oft rufe ich innerlich ihre Namen auf, sehe ihre Gesichter vor mir. Es werden mit der Zeit immer mehr, die mir einfallen. Sie sind einfach mit mir in dieser Kirche. Ohne dass es ein Gebet wird, ohne besondere Anliegen oder Bitten. Einfach nur hier und jetzt in meinen Gedanken und aus meinem Herzen. Es sind manchmal nur Minuten, die ich so in einer fremden Kirche verbringe. 

Eine wertvolle Unterbrechung des Tages

Eine besondere Unterbrechung eines Urlaubstages, einer Besichtigungstour. Und damit so wertvoll. Es sieht vielleicht wie ein flüchtiger Besuch eines historischen Gebäudes aus. Ich weiß, dass es mehr ist. Denn ich komme in ein Haus, das von der Liebe Gottes zu den Menschen erzählt. Ich bin Fremder und Gast und gleichzeitig verbunden mit all den Menschen, die vor mir hier gebetet, geschwiegen, geweint und dankbar gesungen haben. Ich bin froh über jede Kirche, die mir offensteht. 

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