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Freiheit
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Pharrell Williams: Freedom

Anke Jarzina
Ein Beitrag von Anke Jarzina, Katholische Pastoralreferentin in der Pfarrei St. Peter und Paul in Wiesbaden
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Dieser Song nimmt mich mit, gleich von Anfang an. Ich komm sofort ins Mitsummen, -schnipsen, - klatschen. Ist das ein Kinderlied? Oder ein Gospel? Egal. Ich will mitgehen mit diesem Rhythmus! Der hat Energie, treibt voran. Und dann kommt da auch noch ein richtig wichtiges Wort, eine große Botschaft…

Mama! Geht's auch leiser?

Freedom! Freiheit! Ich mache die Musik lauter, schnipse im Rhythmus und singe laut mit… Prompt kommt aus dem Kinderzimmer die Reaktion: „Mama! Geht’s auch leiser? Ich muss noch Hausaufgaben machen!“ – Und schon endet meine vermeintliche Freiheit, die Musik so laut aufzudrehen, wie ich will.

Ich hör jetzt mal genau hin

Freedom! Freiheit! Wo fängt die eigentlich an – und wo hört sie auf? Ich bin neugierig, was mir dieser Song dazu zu sagen hat. Also schalte ich wieder auf Zimmerlautstärke und hör jetzt mal genau hin:

Etwas, das in allem ist, was lebt

„Die rote Blume des Menschen“. Das könnte Vieles bedeuten. Es muss um etwas Wesentliches gehen, etwas, das „in allem ist, was lebt“. Das hört sich für mich nach einer Art immaterieller Kraft an. Eine Kraft, die der menschliche Geist nutzen kann. Das Ziel ist klar: Freiheit – Freedom!

Vor 10 Jahren landete er mit "Happy" einen Welthit

Der Sänger, der die Freiheit hier besingt, heißt Pharrell Williams. Er ist Amerikaner, 50 Jahre alt. Vor 10 Jahren hat er einen weltweiten Hit gelandet mit seiner Single „Happy“. Landauf, landab haben Menschen auf den Song getanzt und Videos davon gedreht. Pharrell Williams engagiert sich für verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen, zum Beispiel UNICEF.

Die Leute sollen realisieren, dass sie sich selbst befreien können

Sein Song „Freedom“ ist 2015 entstanden. In einem Interview sagt er selbst mal dazu: „Die Leute sollen (durch den Song „Freedom“) realisieren, dass sie die Möglichkeit haben, sich selbst zu befreien.“

Ein Potential, das ich nutzen kann und nutzen soll

Pharrell Williams geht es also um die Kraft zur Befreiung, die in jedem Lebewesen steckt. Modern könnte man sagen, es geht ihm um „Empowerment“. Dieser Begriff aus der Organisationsentwicklung meint: Menschen gestalten ihr Leben eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt. Pharrell Williams besingt in seinem Song genau diese Autonomie, diese Kraft zur Freiheit. Diese Freiheit ist eine innere Freiheit, ein Potential, das ich nutzen kann und nutzen soll.

Gott hat euch zur Freiheit berufen

Das erinnert mich an eine zentrale Aussage der Bibel, nämlich: Der Glaube an Gott hat immer mit Freiheit zu tun. Ein wunderbares Zitat ist zum Beispiel dieses: „Gott hat euch zur Freiheit berufen!“ (Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Galatien, Kapitel 5, Vers 13a, Übersetzung: Gute-Nachricht-Bibel 2018)

Weniger Gesetz, mehr freie Entscheidung

Der Apostel Paulus hat diese Worte damals an eine junge Gemeinde in Galatien geschrieben, die gerade dabei war, sich selbst zu finden und ihre neuen christlichen Überzeugungen nach außen hin zu vertreten. Das war schwerer als gedacht, denn die neue Gemeinde hat einerseits aus Menschen bestanden, die bisher keiner Religion angehörten. Andererseits gab es auch diejenigen mit jüdischen Wurzeln. Die forderten, dass auch alle neuen Christ:innen sich beschneiden lassen und an jüdische Gesetze halten sollten. Und Paulus, der eigentlich auch ursprünglich Jude war, spricht sich für weniger Gesetz und mehr Freiheit aus. Alle sollen in Freiheit entscheiden können, wie sie ihren neuen Glauben leben. Für ihn ist der neue christliche Geist vor allem ein Geist der Freiheit. Deshalb formulierte er das in seinem Brief sehr deutlich: „Gott hat euch zur Freiheit berufen!“

Freiheit endet da, wo sie zu Egoismus wird

Das ist christliches Empowerment, Kraft, Berufung zur Freiheit. Diese Freiheit bedeutet aber nicht Beliebigkeit oder Laxheit. Sie ist kein Freibrief, mit dem ich mir alles herausnehmen kann. Sondern: Meine Freiheit endet da, wo sie zu Egoismus wird – das jedenfalls sagt Paulus, wenn er weiter schreibt: „Aber missbraucht eure Freiheit nicht als Freibrief zur Befriedigung eurer selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander in Liebe.“ (Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Galatien, Kapitel 5, Vers 13b, Übersetzung: Gute-Nachricht-Bibel 2018).

Dient einander in Liebe

„Dient einander in Liebe.“ Schöner kann man, finde ich, kaum ausdrücken, worum es im Kern geht: Wir sind nämlich verbunden. Nicht nur als Christinnen und Christen, sondern als große Menschheitsfamilie, von denen jede und jeder zur Freiheit berufen ist. Papst Franziskus hat es einmal so ausgedrückt: „Wenn wir uns (…) allem, was existiert, innerlich verbunden fühlen, werden Genügsamkeit und Fürsorge von selbst aufkommen.“ (Enzyklika „Laudato si“, 2015, Nr. 11).

Grenzen akzeptieren, wenn die Freiheit anderer  verletzt wird

Freiheit bedeutet nicht: frei sein von der Verantwortung füreinander. Freiheit bedeutet: Das uns allen gemeinsame Potential zur Freiheit nutzen und gemeinsam wachsen. Das geht nur, wenn wir „einander dienen“, das heißt: füreinander da sind. Und das wiederum bedeutet auch: Grenzen zu akzeptieren, wenn die Freiheit anderer berührt oder gar verletzt wird.

Die Kraft zu Freiheit verbindet mich mit allem Lebendigen

Genau das höre ich auch in dem Song „Freedom“ von Pharrell Williams: Die Kraft zur Freiheit verbindet mich – und zwar mit allem Lebendigen. Sie steckt in allem, was lebt. Williams findet poetische Bilder, um diese Kraft, diese Berufung zur Freiheit zu beschreiben:

We are from heat,
The electric one
Does it shock you to see
He left us the sun?

Atoms in the air
Organisms in the sea
The sun and, yes, man
Are made of the same thing.

Wir kommen aus der Hitze,
der elektrischen.
Schockiert es dich zu sehen,
dass er uns die Sonne hinterlassen hat?

Atome in der Luft,
Organismen im Meer,
Die Sonne und, ja, der Mensch
sind aus demselben Stoff gemacht.

Der Song weitet meine Perspektive: Freiheit, das ist in meiner christlichen Überzeugung das, wozu die Menschen von Gott berufen sind. Und gleichzeitig ist Freiheit eben auch schon in uns angelegt. Wir sind alle „aus demselben Stoff gemacht“: Menschen, sogar Organismen, Atome und die Sonne! Freiheit steckt als Potential in allem, was lebt. Und es verbindet uns mit allem, was lebt.

Ausbalancieren und Aufeinander achten

Deshalb bedeutet Freiheit nicht nur: Ich gestalte mein Leben nach meinen Wünschen. Freiheit bedeutet: Ich akzeptiere und respektiere, dass alles, was lebt „zur Freiheit berufen“ und deshalb miteinander verbunden ist. Es geht um ein Ausbalancieren, ein Aufeinander achten und ein „einander Dienen in Liebe“. Ein kleines Beispiel dafür ist: Ich drehe die Musik eben nicht so laut auf, wie ich will, sondern nehme auch das Bedürfnis meiner Kinder nach Ruhe ernst.

Kraft zur Freiheit hat eine unglaubliche Energie

Die biblische Freiheits-Botschaft und der Song „Freedom“ zeigen mir: Die Kraft zur Freiheit hat eine unglaubliche Energie, sie treibt voran – ebenso wie der Rhythmus dieses Songs. Ich kann diese „Kraft zur Freiheit“ nutzen – aber nicht nur dazu, mein Leben eigenmächtig zu gestalten. Wenn ich sie dazu nutze, allem Lebendigen, mit dem ich verbunden bin, „in Liebe zu dienen“, also auch deren Bedürfnisse und Grenzen zu respektieren, ist das eine Win-Win-Situation, die allen und allem zugute kommt: mir selbst, anderen Menschen und dem Planeten, auf dem wir leben.

When a baby first breathes
When night sees sunrise
When the whale hunts in the sea
When man recognizes

Freedom!
Freedom!
Freedom!
Freedom
Freedom
Breathe in

Wenn ein Baby den ersten Atemzug tut,
wenn die Nacht den Sonnenaufgang erblickt,
wenn der Wal im Meer jagt,
wenn der Mensch erkennt.

Freiheit!
Freiheit!
Freiheit!
Freiheit!
Freiheit
Atme ein

Youtube-Video zur Entstehung des Songs: https://www.youtube.com/watch?v=rb19qeLlb-Q

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