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Meine Taufe verbindet mich
© Sandra Hirschke/fundus-medien.de

Meine Taufe verbindet mich

Ein Beitrag von Inga Kreusch, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Als ich getauft wurde, war ich ein halbes Jahr alt. Natürlich kann ich mich nicht daran erinnern. Aber ich schaue mir gerne Fotos an von diesem Tag. Wer da alles mit mir gefeiert hat! Meine Taufe verbindet mich mit ihnen: Mit meinen Eltern, die sich so über ihr drittes Kind gefreut haben. Mit meinen Patentanten, Großeltern und der weiteren Familie.

Ein Foto von meiner Taufe mag ich besonders gern. Da ist meine große Schwester zu sehen mit ihrer besten Freundin. Beide lächeln etwas verlegen. Denn bei beiden klaffen große Lücken im Pony. Am Tag vorher hatten sie Frisör gespielt…

"Es wurde gefeiert, dass ich auf der Welt bin"

Zu meiner Taufe wurde ein Familienfest gefeiert. Es war fröhlich, habe ich erzählt bekommen. Und trubelig, wie es mit kleinen Kindern eben ist. Es wurde gefeiert, dass ich auf der Welt bin. Dass es meiner Familie gut geht. Dafür waren meine Eltern dankbar.

Zugleich wussten sie: Nicht alles liegt in ihrer Hand, so sehr sie sich auch bemühen mögen. Sie haben sich den Segen Gottes gewünscht. Gott behütet mich, das war ihnen wichtig. Gott soll mich begleiten und bewahren – mein Leben lang.

So geht es vielen Eltern

Ich glaube, meinen Eltern ging es wie vielen Müttern und Vätern: Sie haben sich über ihr Kind gefreut, waren glücklich und stolz. Und gleichzeitig haben sie gespürt, was es bedeutet, Verantwortung für ein Kind zu haben. Sie waren besorgt um dieses junge und zerbrechliche Leben.

Wenn ich heute als Pfarrerin Taufen feiere, dann höre ich: Vielen Eltern geht es ganz ähnlich. Freude und Glück, aber eben auch Angst liegen nah beieinander. Da tut es gut, die Taufe ihres Kindes zu feiern. Bei einer Taufe zeigt sich: Nicht nur die Eltern begleiten ihr Kind, auch die Patinnen und Paten, Freunde und Familie.

Und eben Gott. In der Taufe sprechen wir einem Menschen den Segen Gottes zu. Und bringen den Glauben an Gott zum Ausdruck, wenn wir sagen: Du gehörst zu Gott. Gott sieht dich und liebt dich, wie du bist. Gott meint es gut mit dir, egal was kommt. Und für Gott bist du wertvoll, von Anfang an.

Der Taufspruch, den der Opa ausgesucht hat

Denke ich heute an meine Taufe, dann denke ich besonders an meinen Opa. Meine Taufe verbindet mich mit ihm. Als meine Eltern überlegten, welchen Satz aus der Bibel sie mir als Taufspruch für mein Leben mitgeben möchten, war mein Opa ihr erster Ansprechpartner. Er hatte schließlich mal Theologie studiert.

Von seinen Vorschlägen gefiel ihnen einer besonders gut: "Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit." (2. Timotheus 1,7). Dieser Satz aus der Bibel wurde mir bei meiner Taufe zugesprochen, als Segen, mit dem alle guten Wünsche und Gedanken verbunden sind. Als Begleiter für mein Leben. Ich finde, sie haben gut gewählt. Die Worte bedeuten mir viel.

Musik

Mein Taufspruch begleitet mich, seit ich mit einem halben Jahr getauft wurde. Er heißt so: "Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit."

Was meine Eltern mir mitgeben wollten

Das drückt aus, was meine Eltern mir für mein Leben mitgeben wollten: Vertrauen und eine positive Lebenseinstellung. Dass ich mutig bin und bei Angst nicht verzage. Kraft und Zuversicht in allen Lebenslagen. Lieben und geliebt werden. Den Segen Gottes. Ich mag das, wie mein Taufspruch mich an all das erinnert.

Ein Satz gegen die Angst

Mein Taufspruch ist mir zum wichtigen Begleiter geworden. Gerade, wenn es mir nicht gut ging. In Zeiten, in denen ich Angst hatte, weil Prüfungen anstanden oder ich überfordert war. Da habe ich diesen Satz mit meinem inneren Ohr gehört: "Erinnere dich: Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben." Das heißt für mich: Gott will nicht, dass Angst dein Leben bestimmt. Lass nicht zu, dass du den Mut verlierst. Versuch, stark und zuversichtlich zu bleiben, trotz allem.

Oft hat mir das gutgetan. In diesen Momenten ist mir mein Taufspruch ans Herz gewachsen. Er hat mich ermutigt und berührt. Gott ist mit mir, ich bin nicht allein. Das stärkt meinen Rücken, wärmt mein Herz und hebt meinen Blick.

Ein Glücks-Satz

Mein Taufspruch ist mir auch dann zu einem wichtigen Begleiter geworden, wenn es mir gut ging. Dann erinnert er mich daran: Mein Glück ist nicht selbstverständlich. All die Energie, die neue Ideen, mein Mut, die kommen nicht nur aus mir selbst. Als Christin glaube ich: Sie kommen von Gott. Dafür bin ich dankbar.

Charaktereigenschaft

Und dann ist da noch das Wort "Besonnenheit" in meinem Taufspruch. Gott schenkt den Geist der Besonnenheit. Normalerweise gehört Besonnenheit nicht zu meinem Wortschatz. Ich nenne selten jemanden besonnen. Aber ich mag diesen Ausdruck. Besonnen, das klingt für mich nach einer Frau, die nachdenkt, bevor sie entscheidet. Oder nach einem Mann, der abwägt und auch bei hitzigen Diskussionen oder im größten Ärger nicht den Kopf verliert.

Besonnenheit ist eine Charaktereigenschaft, die ich wichtig finde für alle, die Verantwortung tragen. Als Mutter oder Vater. Als Politikerin. Als Lehrer oder Erzieher. Als Chefin oder Mitarbeiter.

Mein Taufspruch motiviert mich dazu, besonnener zu sein. Und er erinnert mich an den, der ihn damals vorgeschlagen hat: mein Opa.

Musik

Mein Taufspruch verbindet mich mit meinem Opa. Mein Opa ist gestorben, da war ich drei Jahre alt. Leider kann ich mich nicht an ihn erinnern. Aber dass er den Satz für mich vorgeschlagen hat, das bedeutet mir was. Dass Gott nicht den Geist der Furcht gibt, sondern der Kraft, Liebe und Besonnenheit.

Verbindung zu verstorbenem Opa

Ich glaube, mein Opa wusste, was es heißt, Angst zu haben. Sein Theologiestudium hatte er abgebrochen. Meine Mutter erzählt, dass er darüber nicht viel gesprochen hat. Vermutlich war es Prüfungsangst, die ihm im Weg stand.

Heute ist Prüfungsangst gut behandelbar. In den 1920er Jahren hatte er keinen Weg gefunden, sie zu überwinden und doch noch Pfarrer zu werden. Die Kirche und sein christlicher Glaube waren ihm aber weiter sehr wichtig. Darum fragten meine Eltern ihn um Rat, als sie einen biblischen Satz für meine Taufe suchten.

Sein Studium abbrechen zu müssen, hat meinen Opa geprägt. Noch stärker hat der Zweite Weltkrieg sein Leben beeinflusst. Es ging ihm wie so vielen: Er wurde eingezogen, musste an die Front. Und nach Kriegsende folgten einige Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft. Er hat über diese einschneidende Zeit noch weniger sprechen können als über seine Prüfungsangst.

Was hat ihm Halt gegeben und Mut gemacht?

Ich bin mir sicher: Er wusste, was es heißt, Angst um sein Leben zu haben. Ich frage mich, wie er durchgehalten hat. Was ihm geholfen hat, weder sich aufzugeben noch seine Hoffnung. "Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit."

Etwas an diesem Satz wird meinem Opa gefallen haben. Ich stelle mir vor, dass ihn dieser Satz aus der Bibel ähnlich ermutigt, getröstet und bestärkt hat.

Taufe schafft eine Verbindung über den Tod hinaus

In meiner Taufe fühle ich mich meinem Opa verbunden. Ich finde, das passt zur Taufe. Sie schafft eine Verbindung über den Tod hinaus. Getauft sein, heißt: Ich gehöre zu Gott. Im Leben, im Sterben und auch danach. Meine Taufe verbindet mich mit Gott. Sie hat ein Netz zwischen uns geschaffen, das mein Leben trägt.

Und: Meine Taufe verbindet mich anderen Menschen. Mit denen, die meinen Glauben teilen. Mit denen, die vor mir gelebt haben oder nach mir kommen.

Und so denke ich gerne an den Beginn meines Lebens zurück, als ich getauft wurde. An den Segen, der mich seitdem begleitet. An alles, was mir mitgegeben wurde. Auch von meinem Opa, obwohl ich keine Erinnerungen an ihn habe. Meine Taufe hat ein Netz gespannt, das uns verbindet. Dafür bin ich dankbar.

Mehr zur Taufe haben wir hier für Sie zusammengestellt. 

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