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Zwischen „Hosianna“ und „Kreuzige ihn“
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Zwischen „Hosianna“ und „Kreuzige ihn“

Marcus C. Leitschuh
Ein Beitrag von Marcus C. Leitschuh, Katholischer Religionslehrer und Autor, Kassel
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Eben noch ein Superstar. Kurz danach vergessen. Dieses Schicksal haben schon viele erlitten. In der Musik spricht man von einer Eintagsfliege, wenn nach dem einen Ohrwurm kein Erfolg mehr kommt. Eben noch verehrt und plötzlich durch eine falsche Tat, durch einen falschen Satz kritisiert, vielleicht sogar verachtet und nicht mehr beliebt.

An eine solche Erfahrung erinnert der heutige Palmsonntag. Die Bibel berichtet, dass Jesus glamourös in der Hauptstadt Jerusalem einzieht. Die Menschen sind begeistert von seinen heilenden Taten, hängen an seinen Lippen und schöpfen Kraft aus seinen Worten. Viele folgen ihm. Sie wollen ganz nah dabei sein. Da, wo er spricht, spricht sich seine Botschaft der Nächstenliebe herum. Die Menschen jubeln ihm zu. Sie rufen "Hoschia Na" was auf Hebräisch so viel heißt wie „Hilf doch“. Martin Luther übersetzte es mit "Hosianna". Jesus gilt bei seinem Einzug in Jerusalem als Superstar. Es ist ein Triumph. Seine Botschaft scheint angekommen zu sein.

Wenige Tage später – alles anders. Aus "Hosianna" wird der Ruf "kreuzige ihn". Die biblische Erzählung ist für mich eine Warnung und Mahnung: Ich will mich nicht zu schnell in meinem Urteil in eine Richtung leiten lassen, möchte nicht zu extrem in der Begeisterung und danach auch in der Ablehnung sein. Die Erfahrung Jesu kann aber auch bei eigenen Wegen helfen: Jesus macht sich nicht abhängig von den Jubelrufen, er redet nicht nach dem Mund der Masse. Er bleibt sich treu, auch als der Jubel leiser wird. Er folgt seiner Mission. Jesus vertraut darauf, dass Gott auch dann bei ihm ist, wenn ihn die Menschen verlassen. Diese Erfahrung wollten die biblischen Autoren und Autorinnen schwarz auf weiß geben. Gott ist immer da. Auf jedem Weg. Auch wenn Beliebtheitswerte sinken. Das ist die Botschaft dieser Woche, die mit dem "Hosianna" des Palmsonntags beginnt, den Karfreitag erlebt und am nächsten Sonntag Ostern folgen lässt: Gott bleibt treu. Er bleibt, wenn andere gehen.  

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