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Werde, der du bist
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Werde, der du bist

Dr. Barbara Brüning
Ein Beitrag von Dr. Barbara Brüning, Katholische Journalistin, Autorin und Systemische Familienberaterin, Frankfurt
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Meine Vorstellung von der Fastenzeit ist auch: Ich will immer mehr zu mir selbst finden, indem ich Überflüssiges weglasse. „Werde, der du bist“, das ist irgendwie so ein Satz, der mir immer wieder in diesem Zusammenhang in den Kopf kommt.

Obwohl er doch eigentlich absurd ist. Wer sollte ich denn sonst sein, als die, die ich eben bin. Von Anfang an. Aber je mehr ich anfange, darüber nachzudenken, umso selbstverständlicher bekommt er Sinn. Meine Mutter erzählt: Als kleines Kind habe ich mit Männchen gesprochen, die auf dem Schrank gesessen haben. Für alle anderen unsichtbar, aber für mich offenbar sehr real. Fantasie scheint mir also eigen zu sein.

Allerdings habe ich ein Erziehungsprogramm durchlaufen, in dem man versucht hat, mir beizubringen, dass Fantasie nicht wichtig ist. Zu rechnen, Sprachen zu lernen und brav zu sein, das ist das, was wirklich zählt, habe ich gelernt. Dann kam noch das Trainingsprogramm mit Gleichaltrigen. Die haben mir beigebracht, über welche Themen man sich unterhalten sollte. Was man haben muss und was nicht. Mit dem Ergebnis, dass ich ziemlich gut weiß, was „man“ tun muss, um Geld zu verdienen und dazu zu gehören.

Aber wer ich bin? Was ist das, was mich unverwechselbar macht? Davon habe ich ziemlich viel vergessen. Und es ist mühsamer Prozess, da wieder hin zu kommen.

Denn: Werde, der du bist, das heißt ja auch: Erfülle die Bedürfnisse, die wirklich deine sind. Nicht die, die andere für wichtig halten. Lebe deine Gaben, die nur du hast. Finde dein Charisma. „Aber ist das nicht egoistisch?“, höre ich dann schon mal. Oder „Wozu soll das gut sein?“

Manche Menschen entdecken zum Beispiel, dass sie gut malen oder singen können und haben Freude daran. Auch wenn der Zeitpunkt für eine Maler- oder Gesangskarriere schon verpasst ist: Eine Karte mit einem selbstgezeichneten Motiv oder ein selbst verfasstes Gedicht kann sehr berührend sein.

Ich habe gelernt: Es ist nie zu spät, meine Gabe zu finden und zu leben. Und wenn das geschafft ist, macht es nicht nur mich selbst glücklich.

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