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Sonntage: sich unterbrechen
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Sonntage: sich unterbrechen

Christine Findeis-Dorn
Ein Beitrag von Christine Findeis-Dorn, Supervisorin/Coach DGSv, Wiesbaden, katholisch
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In meiner Kindheit gab es sonntags Kuchen schon zum Frühstück – und zum Gang in die Kirche durfte ich meinen Sonntagsmantel anziehen. Wenn ich das meinen Nichten und Neffen erzähle, schauen sie mich an, als wäre ich aus dem letzten Jahrtausend – was ja auch stimmt.

Am Sonntag waren Kirchgang, Sonntagsbraten, Spaziergänge angesagt

Sonntage – das waren Kirchgang und Sonntagsbraten, oft eher langweilige Nachmittage mit Spaziergängen, Besuchen bei Verwandten, im besten Fall: mit dicken Schmökern oder am Klavier. Später hieß Sonntag: Zeit für Freundinnen und Freunde statt für Verwandte - und Jeans statt Sonntagsklamotten.

Kein verkaufsoffener Sonntag, kein Online-Shopping

Nicht zuletzt hat Sonntag bedeutet: nichts einkaufen. Was nicht bis samstags um eins erledigt war, fand nicht statt – höchstens als Notkauf an der Tankstelle. Kein verkaufsoffener Sonntag, kein Online-Shopping.

Die Sonntage wieder heiligen

Wenn ich heute sonntags in die Kirche gehe, tue ich das freiwillig. Wenn ich den ganzen Sonntag gemütliche Klamotten tragen will, kann ich das, ohne dass irgendjemand schräg schaut. Und wenn während der Woche keine Zeit zum Einkaufen war, ist das oft auch sonntags möglich, online rund um die Uhr. Aber will ich das wirklich?

In der Bibel heißt es: „Du sollst den Sonntag heiligen.“ So steht es in den zehn Geboten der Bibel, die ja keine Verbote sind, sondern Wegweiser für ein gelingendes Leben.

Freiheit vom Hamsterrad

Die Theologin Dorothee Sölle hat das einmal modern formuliert: „Du sollst dich selbst unterbrechen!“ Für mich klingt das nach Freiheit vom Hamsterrad. Alle können das nicht – so viele arbeiten auch sonntags, damit unsere Gesellschaft funktioniert.

Mehr Freiraum zulassen für Gott, liebe Menschen, mich selbst

Aber ich will mich in diesem Jahr an Sonntagen selbst mehr unterbrechen – in meinem Konsum, dem Freizeitaktivismus – oder dem ständigen Blick auf das Handy. Ich will mehr Freiraum zulassen – für Gott, für die Menschen, die mir lieb sind oder für mich selbst. Und gern auch mal wieder ein Sonntagskleid anziehen.

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