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Zarte Teetasse, kein Kaffeepott
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Zarte Teetasse, kein Kaffeepott

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
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„Du, ich schaff‘s heute doch nicht, tut mir leid. Lass uns nächste Woche telefonieren.“ Die Absage macht mich traurig, wir waren für ein Abendessen verabredet.

Mit chronischem Erschöpfungssyndrom leben

Bei jedem anderen würde ich mich über die Kurzfristigkeit ärgern. Bei ihr nicht. Meine Bekannte, ich nenne sie hier Emma, lebt mit einer chronischen Krankheit. Sie ist beruflich kreativ und darin mit Leidenschaft engagiert. Und gleichzeitig lebt sie mit einer dauerhaften Einschränkung. Sie muss sehr genau auf ihre Kraftressourcen achten. Chronisches Erschöpfungssyndrom nennt man das. Dennoch wirkt sie selbst belebend auf andere und inspirierend.

Jeden Tag nur eine bestimmte Anzahl Löffel voll Energie

Sie hat mir ihre Einschränkung mit der sogenannten Löffeltheorie erklärt: Sie hat jeden Tag nur eine bestimmte Zahl Löffel an Energie zur Verfügung. Mehr gibt es an dem Tag nicht. Und wenn es ihr schlecht geht, wenn sie z.B. Schnupfen hat, braucht schon eine kleine Aufgabe wie Duschen oder Zähne-Putzen mehr Löffel als sonst.

Die Kraft reicht oft nicht für mehr

Sie sagt: Gesunde Menschen können so etwas manchmal schlecht nachvollziehen. Ihnen stehen nicht nur Löffel zur Verfügung, sondern ganze Töpfe voll Kraft. Sie meinen dann, Emma wolle sich nicht anstrengen oder gebe sich keine Mühe. Emma frustriert das. Sie will so viel mehr, doch die Kraft reicht nicht mehr weiter. Das hat mit Faulheit oder Zähne zusammenbeißen nichts zu tun.

"Und doch sind wir nur zerbrechliche Gefäße"

Emma und ich sind auch im Glauben verbunden und lesen die Bibel.  Ihr sind diese Worte wichtig geworden: „Wir tragen einen kostbaren Schatz in uns. Und doch sind wir nur zerbrechliche Gefäße. Die außerordentliche Kraft kommt von Gott.“ (Bibelvers umformuliert aus: 2 Korinther 4,7 Hoffnung für alle)

Was bin ich? Eine dünnwandige chinesische Teetasse oder ein dicker Kaffeepott?

Emma sagt: „Zerbrechliche Gefäße, genau das ist es. Ich bin eine chinesische zerbrechliche Teetasse! Andere eher ein Pott Kaffee oder ein superpraktischer Ikeabecher.“

Ich schaue sie fragend an: „Die Teetasse darf nicht runterfallen, sie hat dünne feine Teetassenwände. Genau wie ich. Zerbrechlich, aber wertvoll.“ Ich nicke und sage ihr: „Für mich passt das mit Dir und der chinesischen Teetasse. Die zarte Tasse gibt dem Inhalt einen ganz feinen Geschmack. So wie Du. Du hilfst mir, die Kostbarkeit des Lebens zu schmecken.“

Ich denke weiter: Andere Menschen gleichen eher einem Pott Kaffee: Geben Wumms und Kraft, wärmend noch durch die Becherwand, brauchen einen Schwapp Milch, um nicht zu herb rüberzukommen. Wieder andere sind wie diese superpraktischen Becher: Unkaputtbar, für fast alles einzusetzen von Camping bis Kindergeburtstag oder Zahnputzbecher, sie leuchten fröhlich in vielen Farben.

Alle diese Behältnisse haben ihren kostbaren Schatz von Gott

Alle diese Behältnisse haben ihren kostbaren Schatz von Gott, ihren Esprit, ihr duftendes Lebensgetränk, das sie weitergeben als Gottes Kraft. Emma sagt: „Mir gefällt das. Egal wie stark oder schwach ich als zerbrechliches Gefäß gebaut bin: Gottes Kraft wirkt durch mich. Sie kann auch wirken, selbst wenn ich an manchen Tagen nur wenig Löffel an Kraft zur Verfügung habe. Ich muss kein Pott sein. Sondern so wie ich bin. Zerbrechliche Teetasse eben.“

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