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Mit Zuversicht die Welt verändern
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Mit Zuversicht die Welt verändern

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt
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An der Kühlschranktür in unserer Küche drängeln sich bunte Magnetplättchen. Wir haben sie von verschiedenen Reisen mitgebracht.

Ein Magnetplättchen für den Kühlschrank aus Amsterdam

Das letzte stammt aus einem Souvenirshop an der Prinsengracht in Amsterdam. Darauf seht: „Wie herrlich ist es, dass niemand eine Minute zu warten braucht, um damit zu beginnen, die Welt langsam zu verändern“. Der Satz spricht mich an, gerade jetzt, wo viele Menschen Zuversicht nötig brauchen.

Prinsengracht, Amsterdam - der Zufluchtsort von Anna Frank

Prinsengracht, Amsterdam. Unter dieser Adresse hat vor 80 Jahren Anne Frank gelebt. Von ihr stammt der Satz auf dem Magneten. In ihrem weltberühmten Tagebuch hat sie als dreizehnjähriges Mädchen aufgeschrieben, was sie und ihre Familie erleben mussten: Ein Jahr nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland die Wahlen gewonnen hatten, ist Anne Frank mit ihrer jüdischen Familie aus Frankfurt nach Amsterdam ausgewandert, um der Verfolgung zu entgehen.

Ein Versteck für acht Menschen im Hinterhaus

Als die Nazis einige Jahre später die Niederlande besetzten, waren jüdische Menschen auch dort nicht mehr sicher. Als die Schikanen zu schlimm wurden und die Bedrohung zu groß, musste Familie Frank untertauchen. In der Prinsengracht hatte Annes Vater Otto Frank eine Firma. Die durfte er nicht mehr führen. Doch im Hinterhaus haben acht Menschen ein Versteck gefunden.

Zwei Jahre lang konnten die Untergetauchten das enge Haus nicht mehr verlassen, waren angewiesen auf ihre Helfer:innen, auf geschenkte Lebensmittel, aufs Leise sein, miteinander Auskommen und auf ihre Zuversicht.

Heute besichtigen Besucher:innen aus aller Welt das Haus

Heute stehen an der Prinsengracht oft Menschenschlagen. Besucher:innen aus aller Welt besuchen das Anne-Frank-Haus. Spätestens wenn sie bei ihrem Rundgang zur versteckten Tür hinter einem Bücherregal kommen, dem geheimen Zugang zum Hinterhaus, spüren sie selbst die Enge, die Anne Frank und die anderen Untergetauchten zwei Jahre lang erduldet haben: Schmale Holztreppen, kleine Räume, das originale Spülbecken in der Küche, schattige Fensterchen, kaum Himmel zu sehen.

Anne Frank schreibt in ihrem Tagebuch von Zuversicht

Anne Frank hat ihre Erlebnisse und Gedanken in ihrem berühmten Tagebuch festgehalten. Das hat ihr geholfen, die Enge zu ertragen. Und vielleicht noch mehr: Ich stelle mir vor, das Schreiben hat ihr innere Weite verliehen. Nur so kann ich mir erklären, dass sie wenige Monate, bevor sie entdeckt und nach Auschwitz verschleppt worden ist, nicht von Verzweiflung schreibt, sondern von Zuversicht.

„Wie herrlich ist es, dass niemand eine Minute zu warten braucht, um damit zu beginnen, die Welt langsam zu verändern“.

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