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Alles in Liebe tun?
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Alles in Liebe tun?

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
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„Alles, was Du tust, geschehe in Liebe.“ (1. Kor.16,14) Ein frommer Wunsch, im besten Wortsinn. Die evangelische Kirche hat diesen Aufruf aus der Bibel für dieses Jahr als Leitmotiv ausgegeben. Doch wie kann man denn Alles, was man tut, mit Liebe tun?

Alles in Kritik am anderen machen, ist leichter

Mir fällt als erstes was zum Gegenteil ein: Wie man alles in Kritik am anderen machen kann. Ist auf den ersten Blick leichter. Denn Fehler des anderen fallen einem schnell ins Auge. Unter Kollegen und auch in der Partnerschaft. Wie unordentlich er oder sie ist. Wieder die Kaffeetasse auf dem Tisch stehen lassen. Und wie seine Barthaare abstehen!

Einen anderen Blick auf die Dinge versuchen, die einen nerven

Da ist das wie ein anderer Blick: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“. Ich entdecke etwas am anderen und lächele darüber. Beim Partner zum Beispiel. Die stoppligen Barthaare erzählen vom Abend, an dem das Telefonat mit der Tochter wichtiger war als die Rasur. Die unordentlich stehen gelassene Kaffeetasse hat auch etwas zu erzählen: Die Tasse war ein Hochzeitsgeschenk und erinnert an einen wunderbaren Tag. Sie aufzuräumen, ist mal zu kurz gekommen. Weil er andere Dinge anstatt gemacht hat für Euch beide, damit ihr heute noch Zeit zusammen habt.

Funktioniert das auch bei der Arbeit?

So sieht es aus, etwas in Liebe zu sehen. Ich versuche, mich mit dem anderen zu verbinden.
Wie aber sieht das aus, wenn mir jemand nicht so nah steht, wo die Liebe nicht so nah liegt? Zum Beispiel bei der Arbeit. Wenn ich mit Angst und Sorge an ein bevorstehendes Gespräch denke. Da geht es drum, was in der letzten Zeit bei der Arbeit schiefgelaufen ist. Mir steht so was ziemlich bevor. Ich habe zwar gute Argumente, aber ich kenne mich: Wenn jemand wütend ist auf mich, werde ich unsicher. Dann habe ich keinen Zugang mehr zu meinen Argumenten.

Nicht kampfbereit sein, sondern das suchen, was verbindet

Aber dieses Mal will ich es, wie das Leitmotiv sagt, „in Liebe“ in das klärende Gespräch gehen. Mal sehen. Dafür stelle ich mir vor, wie Gott ihre Hände sacht auf die Köpfe und Herzen von uns beiden Kontrahenten legt. Gott schafft einen sicheren, mit Liebe gefüllten Raum. Mit diesem inneren Bild gehe ich in das Gespräch. Ich gehe dann mit einer ganz anderen Stimmung in ein Gespräch. Nicht kampfbereit, sondern mit viel mehr Lust, das zu suchen, was uns verbindet.  

Trotzdem kann ich klar sagen, wo ich Sachen anders sehe. Was wir klären müssen, kann auf den Tisch. Aber wir müssen nicht so kämpfen, dass am Ende ich oder der andere „gewinne“. Sondern wir beide etwas erkennen. Auch so kann man etwas „in Liebe tun“: Nach dem suchen, was verbindet.

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