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Was Tränen sagen
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Was Tränen sagen

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
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Was sagt Deine Träne? So fragt eine Seminar-Leiterin Markus, einen Kollegen von mir. Wir haben zusammen ein Seminar über Seelsorge besucht. Markus hat mir erlaubt, dass ich hier davon erzähle.

Scheinbar grundlos traurig

Er berichtet, wie einmal Traurigkeit und Einsamkeit über ihn hinwegrollten, scheinbar grundlos. Er will diesem Gefühl auf die Spur kommen. Die Seminarleiterin bittet ihn, sich vorzustellen, seine Träne könnte sprechen. „Was sagt Deine Träne?“. Markus erzählt, was in seinen Tränen steckt:

Trauer um den fehlenden Vater

„Mir fehlt ein Vater. Da war viel Gewalt meines leiblichen Vaters, als ich Kind war. Schläge. Wut. Und abgesehen von den Schmerzen: Er hat mich allein gelassen darin, was es heißt, ein Mann zu sein in dieser Welt. Einen Vater zu haben, der einen schützt. Der eine Mauer ist gegen das Böse in der Welt. Und wie ich selbst später Vater sein will. Das hat mir gefehlt. Ich habe es allein rausgefunden. Das sagt meine Träne. Es war traurig, mit all dem allein zu sein. Und das spüre ich heute wieder.“

Tränen erzählen von starken Gefühlen

Ich bin berührt und beeindruckt. „Was sagt Deine Träne?“ Wie viel Ehrlichkeit und Klarheit könnten in der Welt sein, wenn unsere Tränen hörbar sprechen würden. Was Tränen sagen: Sie zeigen, was fließen will an starkem Gefühl. Ich hab‘ schon erlebt: Manchmal verändern sich Angst und Frust dadurch. Als ob Tränen die Seele reinigen.

Gott trägt die Trauer in den Tränen mit

Markus hat dann weitergesprochen und gesagt: „Die Traurigkeit von heute hat mit damals zu tun, wie sehr mir damals ein liebevoller Vater fehlte. Ihm hätte ich solche Tränen nie zeigen können. Er hätte mir auch nicht helfen können. Heute drücke ich so etwas manchmal im Gebet aus. Mir ist ja mein Glaube sehr wichtig. Ich glaube, dass Gott wie ein besserer Vater meine Tränen sieht. Ich stelle mir vor: Gott trägt die Trauer in den Tränen mit.“

Für Gott ist jede Träne kostbar

Ja, denke ich, das gibt es in der Bibel, so ein Gebet. Es geht so: „Gott, sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.“ (Psalm 56, 9+10). Ich stelle mirvor, wie Gott aufmerksam hört und mitfühlt. Gott fängt die Tränen auf. Er sammelt sie und füllt sie dann in den Krug. Für ihn ist jede Träne kostbar. Ich sage Markus, dass das häufiger mein Gebet ist: „Gott,Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.“  

Ein paar Wochen später sehen wir uns wieder. Ob sich etwas gewandelt hat bei Markus? Er beschreibt: „Irgendwie habe ich die Trauer aus mir heraussetzen können. Sie steht mir jetzt eher gegenüber. Ich kann ihr zuhören.“ Markus sagt noch: „Ich glaube, dass Gott meine Tränen auffängt, sie sind nicht umsonst. Sie sind kostbar. In Gottes Krug sind die Tränen gereift.“

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