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Klug investieren
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Klug investieren

Hannah Woernle
Ein Beitrag von Hannah Woernle, Evangelische Pfarrerin in Alsbach/Bergstraße
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Die letzte Woche der Fastenzeit beginnt. Wie viele andere auch, habe ich in den vergangenen sechs Wochen bewusst eine Gewohnheit verändert. Dabei habe ich nicht auf Schokolade oder Alkohol verzichtet, sondern: ich habe klug investiert. Nicht in Geldanlagestrategien und Sparpläne. Sondern: Ich habe meine Zeit gut investiert.

Zwei Frauen als Vorbild

Dabei habe ich mich an zwei Frauen aus der Bibel orientiert. Sie heißen Martha und Maria und sind Schwestern. Eines Tages besucht Jesus die beiden. Und sie nutzen die Zeit des Besuchs unterschiedlich.

Martha überlegt sofort, was von ihr als guter Gastgeberin erwartet wird. Sie wuselt geschäftig durchs Haus. Sie räumt auf, damit sich Jesus wohlfühlt. Sie öffnet einen guten Wein und richtet eine Platte mit Köstlichkeiten her. Aber vom Besuch bekommt sie vor lauter Arbeit wenig mit.

Ihre Schwester Maria sitzt in der gleichen Zeit entspannt bei Jesus. Sie unterhält sich mit ihm, hört zu, was er zu erzählen hat und genießt den Moment. An der Arbeit beteiligt sie sich nicht. Obwohl sie weiß, dass sie damit anecken wird. Und ihre Schwester Martha versteht tatsächlich nicht, wie Maria so seelenruhig ignorieren kann, was alles noch getan werden muss. 

Wer hat klüger investiert?

Wer hat hier die Zeit klug investiert? Jesus hat dazu eine klare Meinung. Sie ahnen es: Maria hat sich richtig entschieden. Sie setzt Prioritäten. Für das, was ihr wirklich wichtig ist. Für das Gespräch mit Jesus. Für das, woran ihr Herz hängt. Auch wenn sie dafür Ärger mit ihrer Schwester in Kauf nimmt.

Ich glaube, ganz ohne Martha geht es nicht. Manches muss nun einmal getan werden: Im Job habe ich feste Aufgaben. Wenn ich am Sonntag einen Gottesdienst halten soll, kann ich nicht einfach gemütlich im Bett liegen bleiben. Und auch meine Familie muss sich manchmal auf mich verlassen können. Kürzlich habe ich meinen Großvater zu einem Arzttermin gefahren. Wenn ich nicht aufgetaucht wäre, hätte er ein Problem gehabt.

Was ist mir wirklich wichtig?

Aber in der Fastenzeit habe ich mich öfter gefragt: Was ist mir wirklich wichtig? Und was tue ich nur, um den Erwartungen anderer gerecht zu werden?
Ein paar Mal musste mein Sportkurs dran glauben. Obwohl ich den Druck spüre: Ich sollte schlanker und fitter sein, als ich es bin. Doch statt nach der Arbeit weiter zum Sport zu hetzen, habe ich meinen Mann gefragt: „Wollen wir endlich mal wieder schön essen gehen?“ Und das war gut so.
Ein anderes Mal hat mich ein Kollege zu einer Feier eingeladen. Ich war aber schon mit einer Freundin verabredet. Die Martha in mir hat geflüstert: „Ach komm, das schaffst du beides! Dann sind alle zufrieden.“ Aber ich habe mich anders entschieden. Die Einladung habe ich abgesagt. Und hatte mit meiner Freundin einen entspannten Nachmittag, ohne Zeitdruck.

Das hat mich zwar Überwindung gekostet, aber ich habe auch gemerkt: Es geht mir besser, wenn ich meine Zeit sorgsam einsetze. Am liebsten mit Freundinnen gemeinsam. Denn die Zeit, die ich in unsere Freundschaft investiere, zahlt sich auf jeden Fall aus. Daher gilt für mich auch nach Ostern: Ich sollte öfter die Maria in mir entdecken.

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