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Trost ist wie ein Mantel
Bild: pexels / Pavel Danilyuk

Trost ist wie ein Mantel

Dr. Ursel Wicke-Reuter
Ein Beitrag von Dr. Ursel Wicke-Reuter, Evangelische Pfarrerin, Vellmar
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Jemanden zu trösten ist nicht einfach. Wie begegne ich dem Kollegen, dessen Mutter gestorben ist? Was sage ich zu der Nachbarin, die mir von ihrer Trennung erzählt? In solchen Situationen bin ich meist vorsichtig, denn ich möchte nichts falsch machen. Manchmal fühle ich mich auch hilflos, weil das Unglück so groß ist.

Trost bei einer Beerdigung

Wenn ich jemanden trösten möchte und nicht weiß wie, erinnere ich mich an diese Situation: Ich war sechs Jahre alt, als mein Großvater starb. Wenige Wochen vor seinem Tod hatte er mir einen Handwagen gebaut, aus blau angestrichenem Holz und mit einer richtigen Deichsel. Nun stand ich auf dem Friedhof, umgeben von lauter Erwachsenen, die ich nicht kannte. Es war Winter, auf den Gräbern lag Schnee und ich konnte nicht aufhören zu weinen. Auf einmal kam eine entfernte Verwandte auf mich zu. Sie zog mir vorsichtig meine Kapuze über den Kopf, sacht und ohne Worte. Das hat mich getröstet.

Was die tröstende Geste bewirkte

Natürlich konnte diese Verwandte meinen Großvater nicht wieder lebendig machen. Und dass ich traurig war, konnte sie mir auch nicht abnehmen. Und trotzdem hat sie etwas bewirkt. Mit ihrer kleinen Geste hat sie die Winterkälte für mich ein wenig abgemildert. Und sie hat mir zu verstehen gegeben: Ich sehe deinen Jammer und ich möchte dir etwas Gutes tun.

Trost wie ein Mantel, der sich um den Schmerz legt

Meine Erfahrung finde ich auch in dem schönen Bild fürs Trösten von dem Philosophen Jean Pierre Wils wieder. Er sagt: Trost ist wie ein Mantel, der sich um den Schmerz legt. Woraus dieser Mantel besteht, das kann ganz unterschiedlich sein. Er ist wie ein Gewebe aus vielen Fäden.

Jeder Faden im Mantel eine Möglichkeit zu trösten 

Eine Bekannte erzählt davon, dass Freundinnen ihr in einer schwierigen Zeit abwechselnd Essen vorbeigebracht haben. Wenn sie reden wollte, waren sie für sie da. Jemand anders braucht vielleicht eher Abstand und Zeit für sich allein. Wenn Freunde dafür Verständnis aufbringen, kann auch das ein Stück des Mantels sein, der Trost gibt. Jede Form von freundlicher Zuwendung kann ein Faden in diesem Mantel sein.

„Wenn du mich brauchst, bin ich da“

Wenn jemand Trost braucht, dann muss ich also gar nicht so viel tun. Ich zeige Verständnis und signalisiere: Wenn du mich brauchst, bin ich da.

Trost ist wie ein Mantel, der sich um den Schmerz legt. Solcher Trost kann etwas verändern, wo sich am Unglück selbst nichts ändern lässt.

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