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Vive la vie! Das Leben und den Frieden feiern

Vive la vie! Das Leben und den Frieden feiern

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Es lebe das Leben! Oder wie es auf Französisch heißt „Vive la vie!“. Ich möchte heute das Leben feiern. Ja, ausgerechnet heute, an einem ganz normalen Montag im Januar. Ausgerechnet heute, denn ich bin aufgewacht und habe mir keine Sorgen machen müssen, ob eine Bombe auf mein Haus fällt. Ich konnte meinen Mann und mein Kind umarmen und habe genug zu essen im Haus. 

Versöhnung schien lange Zeit ausgeschlossen

Heute vor 61 Jahren wurde dafür ein wichtiger Grundstein gelegt. Am 22. Januar 1963 wurde der deutsch-französische Freundschaftsvertrag geschlossen. Unterzeichnet haben den Vertrag Bundeskanzler Konrad Adenauer und Präsident Charles de Gaulle im Pariser Élysée-Palast. Deshalb wird er auch „Éliysée-Vertrag“ genannt. Vive la paix! Es lebe der Frieden!

In den Jahrhunderten zuvor waren Frankreich und Deutschland Feinde – sogar sogenannte Erbfeinde. Eine lange Reihe von Kriegen und Konflikten folgte aufeinander, Versöhnung oder gar Zusammenarbeit schien lange Zeit ausgeschlossen. 

Habe einfach nur Glück gehabt 

Das Ausmaß dieses mörderischen Dauerkonflikts ist mir bewusst geworden bei einem Besuch in Verdun. Dort habe ich die Gedenkstätte besucht: Tausende weißer Kreuze draußen - und drinnen eine unübersehbare Zahl von Namen und Gebeinen von gefallenen Soldaten. Junge Männer im gleichen Alter wie die Schüler und Studenten, die heute beim Schüleraustausch mit der französischen Partnerstadt mitmachen oder ein Auslandssemester in Paris genießen.

Mir ist damals bewusst geworden: Ich habe einfach nur Glück gehabt mit meinem späten Geburtsjahr – sonst wären vielleicht mein Mann und mein Bruder auch in die Schlacht gezogen, anstatt im Urlaub Rotwein und Käse zu genießen. Vielleicht hätten sie Paris überfallen, anstatt es zu besichtigen.

Was man schätzt, will man schützen

Wenn ich darüber nachdenke, wird mir bewusst, wie gut es ist, dass vor 60 Jahren die Politiker zur Vernunft gekommen waren und erkannt hatten:  Zusammenarbeit unter Nachbarn ergibt mehr Sinn als ständige Bedrohung und Feindschaft. Ich wünsche mir so sehr, dass Verantwortliche in den Regierungen aller Länder der Welt heute auch so klug wären.

In der Bibel steht: „Meide das Böse und tu das Gute, suche Frieden und jage ihm nach!“ (Psalm 34,15). Jede und jeder soll sich also mit ganzer Kraft für den Frieden einsetzen. Manchmal ist das einfacher gesagt als getan. Das Leben zu feiern, ist für mich dazu ein erster Schritt. Ich schätze das Glück, in Sicherheit zu leben. Und was man schätzt, will man schützen, denke ich.

Liegt leider nicht in meiner Hand

Als einzelne fühle ich mich da manchmal etwas ohnmächtig. Ich setze mich natürlich in meiner Umgebung für ein friedliches Miteinander ein. Der Friede in der Welt liegt leider nicht in meiner Hand. Im vorhin zitierten Psalm heißt es weiter: „Nahe ist der HERR den zerbrochenen Herzen und dem zerschlagenen Geist bringt er Hilfe.“ (Psalm 34,19). Darauf vertraue ich. Und ich wünsche mir: Es möge Friede auf der Welt werden. Damit auch die Traumatisierten und Verletzten eines Tages wieder das Leben feiern können – trotz allem Schmerz.

 

 

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