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Ahnen, was kommt
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Ahnen, was kommt

Claudia Biester
Ein Beitrag von Claudia Biester, Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg
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Ich mag Mispelmarmelade. Vor allem morgens auf Toast. Mispeln habe ich erst vor ein paar Monaten kennengelernt. Dieses Obst gilt als „ein bisschen vergessen“. Allerdings wurden Mispeln schon von den Römern hierher mitgebracht. Nun sind sie dort zu finden, wo es sonnig ist: An Feldrändern, in Böschungen und in Parks. Ein Kernobst: harte, kleine braune, apfelförmige Früchte, etwa drei Zentimeter groß. Sie wachsen an einem Baum mit krummem Stamm und breiter Krone. Schmetterlinge lieben sie, auch Bienen, Igel, Amseln, Kernbeißer und Ringeltauben. Erst nach dem Frost kann man als Mensch die Früchte gut essen. Dann sind sie sehr würzig, herb, ganz wenig süß – köstlich. Alte Obstsorten, Biodiversität, Insektenfreundlichkeit – immer bewusster wird heutzutage, was für ein Reichtum hier zu erhalten ist und wieviel zugleich zu verschwinden droht.

Bäume erzählen von Hoffnung

Der Reformator Martin Luther mochte Bäume, insbesondere Obstbäume – sie sind für ihn ein Wunderwerk Gottes. Er kann darüber staunen, dass aus einem Kern ein Baum wird, der wieder Früchte trägt. Für Luther erzählen Bäume von der Hoffnung, sie predigen geradezu. Deshalb passt auch das berühmte Zitat vom Apfelbaum zu ihm, obwohl es ihm erst viel später zugesprochen wurde: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“.

Noch sind die Bäume kahl, doch es ist schon zu ahnen, was kommt

Ich finde, es tut gut darüber gerade jetzt im Winter nachzudenken. Jetzt ist die Zeit, in der die Bäume keine Blätter tragen und auch keine Früchte – für eine lange Weile nichts, Winterruhe. Diese Pause müssen wir in unseren Breiten, wie jedes Jahr, irgendwie aushalten. Die Kälte, die Kargkeit und das Dunkle machen verletzlich, spürbarer noch als sonst ist, was an Schwerem auf der Seele liegt. 

Umso großartiger wirkt dann die Blüte, die der Frühling bringt. Auch darin erkennt Luther Gottes Handeln. Sein Denken und Erklären, sein Verstehen kreist um Christus. So wird ihm die Kirschblüte zu einem Sinnbild der Auferstehung. Im Frühling, der dem Winter unmissverständlich ein Ende macht, zeigt sich für Luther, dass Gott stärker ist als der Tod. Und das stimmt ja: in den kahlen Bäumen, im Nichts, in der winterkalten Stille ist unsichtbar schon zu ahnen, was kommt. Alles mache ich neu – so verspricht es Gott.

Das Leben wird auferstehen

Noch – jetzt mitten im Winter, ist das kaum vorstellbar. Alles ist karg und kalt, aber das knospende neue Leben steckt schon darin. Deshalb die Kirschblüte: Mit ihr geht die Erinnerung einher, dass der Frühling das Licht und die Wärme zurückbringt. Das Leben wird auferstehen, verspricht Gott – und hält sein Versprechen alle Jahre wieder. Bis in die Ewigkeit hinein.

 

 

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