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Was unter die Haut geht
Bild: Stefan Keller/Pixabay

Was unter die Haut geht

Judith Vonderau
Ein Beitrag von Judith Vonderau, Katholische Autorin bei "kirche im hr", Bad Orb
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Tattoos sind beliebt. Ich habe sogar den Eindruck, sie werden immer beliebter und sind schon seit Langem ein alltäglicher Anblick geworden.

Manche Tattoos mögen einfach irgendein Motiv zeigen, weil der- oder diejenige es einfach schön oder ansprechend findet. Oft stecken aber auch Geschichten hinter den Bildern auf der Haut. Da werden besondere Lebensereignisse festgehalten, Schicksalsschläge verarbeitet oder ein Lebensmotto präsentiert.

Das, was für diese Person wichtig und besonders ist, soll festgehalten werden. Es soll diesem Menschen jederzeit sichtbar sein, ihm jederzeit vor Augen stehen können, weil es zu ihm und seiner Geschichte gehört: Ob das nun die Geburtsdaten der eigenen Kinder sind, ein Zitat, das diesen Menschen geprägt hat oder ein Symbol, das für einen lieben Verstorbenen steht.

Motive auf – oder genauer gesagt – unter die Haut zu malen, ist mehr, als sie einfach auf ein Stück Papier zu zeichnen. Es geht um ihren Wert und ihre Bedeutsamkeit, die in jedem Fall höchst subjektiv ist. Es geht um das, was für ihren Träger oder ihre Trägerin zählt. Denn ein Stück Papier kann man zerreißen, das Tattoo aber bleibt.

Auch Jesus kann unter die Haut gehen

Im 14. Jahrhundert gab es einen Mann, dem es ähnlich ging und an den ich oft denken muss, wenn ich eine Tätowierung sehe. Er hieß Heinrich Seuse und war Dominikanermönch und Mystiker. Sein Leben hatte er vollständig Gott gewidmet. Von Heinrich Seuse gibt es schriftliche Überlieferungen, in denen von seinem Weg mit Gott und seinem Streben zu lesen ist. Um zu zeigen, wie ernst es ihm damit war, suchte er nach etwas, das seine Liebe zu Gott angemessen zum Ausdruck bringen konnte. Liebeszeichen nannte er das.

Weil sein Innerstes, sein Herz ganz Gott gehören sollte, kam er auf eine Idee: Auf seiner Brust, ganz nah an seinem Herzen sollte der Name Jesu zu lesen sein. Und so nahm er einen Griffel und ritzte sich die Buchstaben in die Haut. Das muss ziemlich weh getan haben. Aber über Heinrich Seuse heißt es, dass er gar nicht auf den Schmerz achtete, denn sein Werk sei ein so „lieblicher Anblick“ für ihn gewesen. So die Überlieferung. Er hatte genau das zum Ausdruck gebracht, was ihm wichtig war.

Wenn ich an Heinrich Seuse denke, dann lässt mich das auch darüber nachdenken, was mir wichtig ist. Was ist mir so wichtig, dass es mir buchstäblich unter die Haut geht? Was ist mir so wichtig, dass es mich ins Herz trifft?

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