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Gute Worte und Wünsche
Bild: pexels / rdne Stock Project

Gute Worte und Wünsche

Hermann Trusheim
Ein Beitrag von Hermann Trusheim, Evangelischer Schulpfarrer, Hanau
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Inzwischen fragen mich meine Schülerinnen und Schüler sogar danach: Seit einigen Jahren bringe ich in der ersten Stunde im neuen Jahr bunte kleine Zettel mit. Die Zettel sind etwa postkartengroß und auf einer Seite steht: ‚Gute Worte und Wünsche.‘

Schüler*innen schreiben je einen guten Wunsch auf einen Zettel

Genau das kann man da draufschreiben. Jede und jeder bekommt so einen Zettel. Dann lade ich die SchülerInnen ein: ‚Schreibt einen guten Wunsch oder ein gutes Wort für andere darauf, ohne euren eigenen Namen zu nennen.‘ Und dann wird geschrieben. Danach werden die Zettel so geknickt, dass man nicht lesen kann, was aufgeschrieben wurde.

Zettel ziehen und Wunsch von anonym erhalten

Nach ein paar Minuten sammle ich die Zettel in einer Leinentasche wieder ein. Ich mache das in allen meinen Klassen vom 5. Schuljahr bis zu den Abiturienten. So kommen über 200 Zettel mit guten Worten und Wünschen zusammen. Die packe ich in eine große Tasche. In der zweiten Woche darf jede und jeder aus dieser Tasche einen Zettel ziehen. So bekommt jede und jeder von einem Unbekannten ganz persönliche gute Worte und Wünsche.

Auch wenn das Neue Jahr dann schon drei Wochen alt ist – gute Worte und Wünsche braucht man immer, und schließlich stehen ja die Halbjahreszeugnisse an.

Böse Worte oder Wünsche werden aussortiert

Bevor ich allerdings die guten Worte und Wünsche wieder austeile, schaue ich sie mir an. Ich will vermeiden, dass böse Worte oder böse Wünsche weitergeben werden, auch wenn manche das vielleicht für witzig halten. So was sortiere ich aus. Das kommt aber zum Glück nur selten vor.

Beispiele wie die Wünsche lauten

‚Ich wünsche Dir, dass du gute Noten schreibst, ohne viel zu lernen‘ – Dieser Wunsch bleibt drin. Ich weiß, wie viele Arbeiten geschrieben werden müssen, manchmal ist der Lernstress groß. Auf einem anderen Zettel steht: ‚Wähl‘ bloß kein Latein!‘ – mit Ausrufezeichen. Da zögere ich als alter Lateiner. Aber leicht gefallen ist es mir damals auch nicht.

Ganz oft wird ‚Bleib gesund‘ und ‚Ich wünsche Dir Frieden‘ - mich beeindruckt, wie wichtig das jungen Menschen ist.

Die Zeile eines Geburtstagsliedes ist auch dabei

Ein paar Mal entdecke ich die erste Zeile eines bekannten Geburtstagsliedes: ‚Viel Glück und viel Segen auf all‘ deinen Wegen.‘ Das wird vielleicht zu Hause gesungen und so weitergegeben.

Gute Worte und Wünsche weitergeben – ich finde, der Religionsunterricht ist ein guter Ort dafür.

Mein Lieblingssegen aus der Bibel

Gute Worte und Wünsche – für mich ist die Bibel das Buch der guten Worte und Wünsche. In der Bibel wird das ‚Segen‘ genannt.
Meine Lieblingssegensworte werden am Ende fast jeden Gottesdienstes gesprochen. Sie stehen im 4. Buch Mose und lauten:
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
(4. Mose 4, 24-26)

Was diese Segensworte bedeuten

Viele tausend Jahre alt sind diese Segensworte. Der Herr ist nahe bei mir und ich bin bei ihm geborgen, das drücken diese Worte für mich aus. Der Herr, das ist der Gott Abrahams. Und Abraham ist der Glaubensvater von Juden, Christen und Muslimen – kein exklusiver Segen also, sondern ein Segen, der allen gilt. Das ist mir heute in unserer Zeit besonders wichtig.

Wie Gott sich zuwendet

Die Segensworte ergeben für mich ein Bild: So wie Eltern ihren Kindern wendet sich Gott mir zu.

Der Herr segne dich und behüte dich – wie gute Eltern, zugewandt und fürsorglich, beschützend ist Gott.

Dann wird das Bild konkret: Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. ‚Leuchten‘ wie ein Lächeln, das zeigt ‚Ich freue mich, dass es dich gibt‘, wie ein Lächeln, das mich selbst zum Lächeln bringt und froh macht.

Szenen entstehen, die Eltern und Kinder kennen. Gute Worte und Wünsche beim ins Bett bringen, oder wenn man wieder nach Hause kommt, manchmal vor wichtigen Ereignissen.

Gott kommt nahe wie ein guter Freund

‚Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.‘ – Da kommt mir Gott ganz nahe. Wie ein guter Freund, wie gute Eltern berührt er mich zärtlich, neigt sich mir freundlich zu. Ein guter Gott, der es gut mit mir meint. Frieden heißt in der Sprache der Bibel ‚Shalom‘. Und ‚Shalom‘ meint mehr als nur das Ende von Feindseligkeiten. ‚Shalom‘ meint Wohlergehen und Zufriedenheit mit meinem Leben, Frieden innen und außen.

Auch ich soll ein Segen sein

So gesegnet soll ich nach Gottes Willen selbst ein Segen sein. So gut es geht und so weit ich das kann. Gottes Segen ist für mich eine Kraftquelle, auch eine Orientierung in wenig segensreicher Zeit.

Diese Segensworte begleiten mich in allen Zeiten

Durch alle Zeiten begleiten diese Segensworte – wenn ich Segen erlebe, macht mich das dankbar: für das Glück der Liebe, meine über 30jährige Ehe mit allen Höhen und Tiefen; für Erfolge im Leben - ich habe sogar mal den Schulpreis bekommen. In schlimmen Zeiten machen die Segensworte mir Hoffnung, in den Brüchen meines Lebens durch meine Schuld an einem Unfall, die Krebsdiagnose, den frühen Tod meines Vaters: Gottes Segen trägt mich auch durch diese Zeiten und gibt mir Kraft. Manchmal erkenne ich das erst im Nachhinein.

Segnen können alle

Mir tut es immer gut, wenn andere mich in Gottes Namen segnen. Denn segnen, das darf jede und jeder. Das ist nicht an Pfarrpersonen gebunden. Und das ist gut so. Segen wird gebraucht.

Deshalb liebe ich wie viele andere das alte Segensritual und gebe es gern weiter.

Was entscheidend am Segen ist

Wenn unsere Kinder eine Prüfung haben oder sie eine längere Reise antreten, segne ich sie mit einem Kreuzzeichen auf der Stirn. Ich vertraue sie Gottes Segen an.

Ob man ein Segenszeichen macht, oder welche Worte man dazu sagt, das finde ich nicht so wichtig. Entscheidend ist, was geschieht: Die zugesagt zu bekommen, darauf vertrauen dürfen: Gott ist dir nahe und begleitet dich.

Viele Schüler*innen heben die guten Wünsche auf

Etliche meiner SchülerInnen heben sich die Zettel mit den guten Worten und Wünschen das ganze Jahr über auf. Sie kommen ins Mäppchen - für mich sind das die besten Spickzettel. Die können einem immer wieder Mut machen.

Möge diese Liedzeile uns begleiten

Und: Vielleicht ist Ihnen ja auch die zweite Zeile vom Geburtstagslied geläufig. Diese guten Worte und Wünsche mögen uns allen gelten: ‚Viel Glück und viel Segen auf all‘ deinen Wegen, Gesundheit und Frohsinn sei auch mit dabei.‘

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