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Die Welt hochwerfen
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Die Welt hochwerfen

Marcus C. Leitschuh
Ein Beitrag von Marcus C. Leitschuh, Katholischer Religionslehrer und Autor, Kassel
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„Die Welt hochwerfen.“ Diese Zeile eines Gedichtes hat mich ins Nachdenken gebracht. Die Dichterin Hilde Domin hat es vor 60 Jahren geschrieben. „Wer es könnte“, heißt der Text. Es ist ganz kurz. Nur wenige Zeilen. Sie heißen: „Wer es könnte / die Welt hochwerfen / dass der Wind hindurchfährt.“ - „Die Welt hochwerfen, dass der Wind hindurchfährt“. Damit meint sie: Es wäre gut, wenn immer mal wieder frische Luft an das Leben kommt. Manchmal ist es gut, wenn wir und unser Leben, unser Alltag, unser Denken und unser Tun durchgerüttelt werden. Leben lebt von Veränderungen und von der Reaktion auf Veränderungen. Die „Welt hochwerfen“, was könnte das in meinem Alltag sein? Traumforscher sagen, dass der Schlaf eigentlich so etwas ist wie eine Zeit des Sortierens. Unser Unterbewusstsein wird im Schlaf danach befragt, was von den vielen Erfahrungen und Gerüchen, von den Beobachtungen und Lerneffekten wirklich behalten werden sollte. Unser Tag wird sozusagen in die Luft geworfen und das wirklich Gute und langfristig lebensnotwendige fällt zurück in unser Bewusstsein.

Frische Luft bringt neue Dynamik – man muss sich nur trauen, die eigenen Fenster zu öffnen

Wie wäre es, wenn wir dieses nächtliche Verhalten auch in unseren Tag übertragen würden? Also bei wichtigen Entscheidungen nicht eng und ängstlich agieren, vielmehr mit ein wenig Abstand Dinge betrachten. Das „Leben in die Luft“ werfen, das meint auch nicht an allem zu klammern. Den Wind wehen lassen und frische Luft im Leben zulassen. Die Welt hochwerfen bedeutet für mich auch, dass ich etwas zulasse: Zwischen Himmel und Erde kann etwas passieren. „Wer es könnte“, fragt Hilde Domin in ihrem Gedicht. Gerade wer am Leben hängt, sollte es immer wieder in die Luft werfen, durchrütteln lassen. Wer diese Erde als Heimat begreift, der will sie immer wieder verändern, in Bewegung bringen und symbolisch in die Luft werden.

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