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Erinnerungen aus einem altem Reklameheft
Bildquelle Pixabay

Erinnerungen aus einem altem Reklameheft

Sabine Müller-Langsdorf
Ein Beitrag von Sabine Müller-Langsdorf, Evangelische Pfarrerin, Zentrum Oekumene, Frankfurt
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Beim Ausräumen meines Elternhauses habe ich in einer Kiste alte Weihnachtsutensilien gefunden. Darunter ein krass nach Keller muffelndes DIN A5 Heftchen mit Liedern und Geschichten zur Weihnachtszeit, „mit den besten Wünschen für die Feiertage von Deutschlands größter Kaffeerösterei“. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, das Heft in den Müll zu werfen. Es liegt immer noch da und muffelt mich an.

Ein Werbeheft weckt Kindheitserinnerungen

Denn der alte Fund hat mich wirklich erstaunt. Sofort hatte ich beim Blick auf das Heftchen alle Bilder wieder präsent, obwohl Jahrzehnte vergangen sind. Das Christkind mit Pudelmütze und Sack im Wald bei Reh und Hase. Der kleine Junge im blauen Schlafanzug, der am Nikolaustag morgens aus dem Bett nach den gefüllten Schuhen schaut. Und ich wusste beim Blättern auch, woraus sich mein Fundus an Weihnachtsgedichten speist, den ich durchs Leben mittrage. Alle waren sie in diesem kleinen Werbeheftchen einer Kaffeerösterei vereint. Inklusiv biblischer Weihnachtsgeschichte.

Eine nachhaltige Weihnachtsfreude

Irgendjemand muss mir die Geschichten vorgelesen haben. Meine Mutter vermutlich. Gesungen haben wir immer alle zusammen. Irgendwann habe ich selber mit Bleistift neben den Liedern markiert, ob ich sie mit Flöte oder Melodika begleiten kann. Wie einfach war diese Weihnachtsfreude, wie bescheiden. Und nachhaltig.

Ich halte das Heftchen in meinen Händen und sinne darüber nach, welche guten Bilder mit uns Menschen durchs Leben gehen. Und dass wir sie offenbar abrufen können über Jahre und Jahrzehnte. Ohne unbedingt zu erinnern, woher wir sie haben.

Welche Erinnerungen werden unsere Enkelkinder haben?

Ich frage mich, welche Bilder und Lieder oder Gedichte meine Kinder für sich haben. Und ob in den Bilderbüchern, den Serien und Apps, die meine Enkelkinder nutzen, Hoffnungsbilder drin sind, die lange tragen. Jede Generation hat ihre eigene Musik. Untersuchungen belegen, dass die Musik, die man zwischen 13 und 25 hört, am längsten hängen bleibt.

Wenn ich das Kaffeeröstereiheftchen in der Hand halte, sehe ich die Veränderungen über die Zeit. Manch christliches Lied würde heute nicht mehr drin stehen. Dafür vielleicht das von der „Weihnachtsbäckerei, in der es manche Leckerei“ gibt.

Ich nehme die Bilder und Lieder meines Heftchens mit in die dunkler werdende Jahreszeit, die mich manchmal trübsinnig zu machen droht. Und will innnehalten, um gute Geschichten, Bilder und Lieder wie Leckereien zu genießen.

Zum Foto: Wir hatten hier sechs Wochen lang nach der Sendung ein Foto eines alten Reklameheftes. Leider können wir es aus Rechte-Gründen nur diese Zeit zeigen. Wir bitten um Verständnis. 

 

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