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Worauf warte ich?
Bild: von Pexels auf Pixabay

Worauf warte ich?

Steffen Flicker
Ein Beitrag von Steffen Flicker, Schulleiter der katholischen Schule Marianum Fulda und Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum Fulda
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„Wir warten auf Dinge, die wir erreichen könnten, wenn wir nicht warten würden.“ Dieser Satz stammt von dem deutschen Schriftsteller Rudolf Rolfs und er bringt mich zum Nachdenken. Gibt es Momente in meinem Leben, in denen ich mich Warten unnötig Zeit verbringe? Warten kann ziemlich anstrengend sein. Wenn ich zum Beispiel an einer Haltestelle stehe und ungeduldig werde, weil der Bus nicht pünktlich eintrifft. Oder wenn ich im Bahnhof auf einen verspäteten Zug warten muss. Oder bei Arztbesuchen eine gefühlte Ewigkeit im Wartezimmer verbringen muss, bis mein Name endlich aufgerufen wird.

Vielleicht ist es tatsächlich so, wie es Rudolf Rolfs auf den Punkt bringt: Ich könnte Dinge erreichen, wenn ich nicht die Zeit damit verbringen würde, auf diese Dinge zu warten. Also vom Passiv-Sein ins Aktiv-Sein wechseln. Die Dinge quasi selbst in die Hand nehmen.

Auf den richtigen Moment warten. Aber gibt es den überhaupt?

Das kommt im Alltag ja oft vor. „Man müsste mal …“ So fangen Sätze an, wenn mir Vorhaben einfallen, die einmal dringend angegangen werden müssten. Ich warte dann, bis irgendjemand die Initiative ergreift – bis irgendjemand auch das Verlangen hat, ein Projekt konkret anzugehen. Und so warte ich und warte ich – aber wirklich passieren tut nichts. Das berühmte Schauspiel „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett veranschaulicht dieses Problem. Das Theaterstück besteht im Grunde nur aus Warten – ein nicht endendes Warten. Ereignislos. Nichts außer Warten.

Manchmal fühlt sich vielleicht das Leben auch so an: Ich warte und warte. Vielleicht auf einen Menschen, der mich inspiriert. Vielleicht auf eine berufliche Herausforderung, die mich fasziniert. Vielleicht auf eine Anfrage, die mich motiviert.

Durch das Warten ändert sich nichts, nur ich kann das unterbrechen

So wie Jesus, der Menschen mitziehen konnte. Er hat junge Menschen einfach angesprochen, die meist als Fischer arbeiteten und sie dafür begeistert, Menschen in Verbindung zu Gott zu bringen. Zum Segen für andere Menschen zu werden. Auf sie zuzugehen, ihre Sorgen und Nöte anzuhören und ihnen Zuspruch zu geben. Wenn ich also meine Zeit mit Warten verbringe, einem Warten darauf, dass mein Leben noch schöner, noch aufregender und noch ereignisreicher wird, aber selbst nicht ins Handeln komme, dann erreiche ich wenig.

Warten hat auch immer etwas mit Er-warten zu tun. Mit meinen Erwartungen. Meine Erwartungen an das Leben sind an bestimmte Bedingungen geknüpft – und manchmal sind meine Erwartungen vielleicht auch einfach viel zu hoch.

Ich nehme mir aufs Neue vor, nicht die Zeit zu vergeuden, mit Warten und Erwartungen, sondern selbst aktiv zu werden und die Dinge anzugehen, die ich ändern und bewegen kann. Und vielleicht kann ich mit meinem Handeln auch andere Menschen zum eigenen Tun motivieren.

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