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Das Geschenk, nicht hineinzupassen
Bild: Darko Stojanovic/Pixabay

Das Geschenk, nicht hineinzupassen

Simone Twents
Ein Beitrag von Simone Twents, Katholische Dezernetin für Glaubenskommunikation und Pastorale Innovation, Fulda
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Zwischen den Jahren ist für mich Serien-Zeit. Einer meiner absoluten Favoriten ist „The Good Doctor“. Da geht es um einen jungen Arzt, der Autist ist. Shaun heißt er. Er hat eine Megafähigkeit zur Diagnosestellung. Er sieht Sachen, die andere nicht mal ahnen können. Nur: Die Patienten stößt er leider häufig vor den Kopf, weil er keine Zwischentöne und Graustufen in der Kommunikation erkennen kann. Wenn Routineabläufe unterbrochen werden, kommt er wahnsinnig unter Stress. Kurz gesagt: Er passt nicht so ganz in das Getriebe eines Krankenhauses. Er eckt überall an.

Aber wie kann so ein geniales Talent, das für Menschen lebensrettend sein kann, genutzt werden? Muss es nicht doch eine Möglichkeit geben, dass er mit seinen Besonderheiten so eingebunden werden kann, dass sein Potenzial Leben rettet?

Bloß nicht wie das Fähnchen im Wind sein

Dieser Shaun hat eine unglaubliche Leidenschaft, sich bis zum letzten Meter und darüber hinaus für etwas einmal Erkanntes einzusetzen. Für das Leben und das Wohl des Patienten. Unabhängig davon, ob der Patient dafür dankbar ist oder nicht. Es ist unfassbar, mit welcher Konsequenz er sich einsetzt. Keine Hintergedanken, keine Ironie, kein doppelter Boden. Das führt zu so vielen liebevollen Verwicklungen, dramatischen Situationen und tränenrührenden Ereignissen: Ich liebe diese Serie.

Ich habe kürzlich ein Buch gelesen, in dem es um kirchliche Innovationen und Aufbrüche geht. Darin beschreibt die Autorin ein Phänomen, sie nennt es „the gift of not fitting in“ – das Geschenk, nicht hineinzupassen. Nicht hineinzupassen, ist erst mal schmerzhaft. Natürlich will ich dazugehören. Es kann aber auch notwendig sein. Nicht hineinzupassen, kann eine kreative Kraft entfalten, die unglaublich Neues in die Welt bringt.

Was wäre, wenn meine Ecken und Kanten gleichzeitig das Potenzial bieten, die Welt ein bisschen besser zu machen? Vielleicht könnte ich Frieden schließen mit dem nagenden Gefühl, irgendwo nicht so richtig reinzupassen. Weil es ein wichtiger Kompass sein kann für das, wofür ich auf der Welt bin. Ich kann unglaublich bereichern. Vielleicht auch nerven. Aber was macht das schon?

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