
800 Jahre Franziskaner-Regel
Viele Jahre habe ich in einem Franziskanerkloster gearbeitet und war sehr froh um das gute Miteinander. Die Franziskaner sind ein Orden und berufen sich auf den heiligen Franz von Assisi. Der lebte im 12. Jahrhundert, radikal arm und mit großer Liebe zu allen Geschöpfen.
Eigentlich wollte Franz von Assisi gar keine Ordens-Regel
Heute vor 800 Jahren hatte der damalige Papst eine Ordens-Regel für diese Gemeinschaft anerkannt. Klar, Regeln sind wichtig, wenn ganz verschiedene Menschen gut zusammen auskommen wollen. Davon musste Franz von Assisi sich auch überzeugen lassen. Eigentlich wollte er gar keine. Er meinte: Es reicht doch völlig, was Jesus gesagt und vorgelebt hat.
Zusammenleben ohne Regeln klappt nicht immer
Diesen Zwiespalt kenne ich auch aus dem Zusammenleben, egal, ob in meiner Familie, bei uns im Stadtteil oder in unserer Demokratie insgesamt. Eigentlich sollte das Zusammenleben ja klappen, weil die, die zusammen sind, es wollen und sich gegenseitig gut sind. Aber das funktioniert halt nicht immer. Irgendwie brauchen wir doch ein paar Regeln, als eine Art Maßstab, um zu klären: Wollen wir wirklich dasselbe? Regeln helfen, das zu überprüfen oder auch neu aushandeln.
Von Anfang an mit unseren Kindern eingeübt
„Wir halten unser Zuhause in Ordnung“ – das war zum Beispiel bei uns zuhause eine unserer Regeln. Und so haben wir das von Anfang an auch mit unseren Kindern eingeübt. Ich habe darunter verstanden: Mindestens einmal in der Woche gründlich sauber machen. Unsere Kinder haben das zeitweise natürlich ganz anders ausgelegt. Da gab es so einige Familiengespräche, um die verschiedenen Auslegungen zusammen zu bringen.
Regeln sind nur so gut, wie die Menschen, die sie mit Leben füllen
Es braucht solche gemeinsamen Regeln, davon bin ich überzeugt, und auch die faire Auseinandersetzung darum, immer wieder. Darauf hat sich schließlich auch Franz von Assisi vor 800 Jahren eingelassen. Allerdings: All diese Regeln sind nur so gut, wie die Menschen, die sie mit Leben erfüllen und versuchen, sie ihrem Sinn nach anwenden. Das gilt für die Franziskaner, das gilt für uns in der Familie und das gilt in besonderer Weise für unser Zusammenleben, hier in unserer Demokratie.